Für das Erreichen der 17 Ziele nachhaltiger Entwicklung braucht man alle Teile der Gesellschaft. Im Rahmen eines Pilotprojekts mit dem Regionalen BNE-Netzwerk im Hessischen Vogelsbergkreis wurden im Kontext der Kampagne „Ziele brauchen Ta-ten – Sport im Westen“ daher folgende Fragen in den Blick genommen: Wie können Sportakteur*innen als Teil des Teams zur Umsetzung der 17 Ziele gewonnen wer-den? Welche Ansprachewege gibt es? Welche Themen liegen auf der Hand und wie können Umweltbilder*innen und Multiplikator*innen im Bereich BNE Partner für eben diese Akteur*innen werden? Das BNE-Netzwerk Nachhaltig Lernen Vogelsberg gibt es seit 2017. Als eines von insgesamt neun Netzwerken ist es Teil des Projektes „Regionale Netzwerke BNE“ des Hessischen Ministeriums für Umwelt, Klimaschutz, Landwirtschaft und Verbraucherschutz. Es verfolgt das Ziel, die Bildungsakteure und -initiativen im ländlichen Raum miteinander zu vernetzen. Denn aufgrund der Fläche des Landkreises und der fehlenden Lokalzeitung für den gesamten Kreis, haben diese zum Teil keine Kenntnis voneinander. Bisher waren vor allem Akteur*innen aus dem Bereich außerschulische und schulische Bildung sowie Firmen und Vereine des Natur- und Klimaschutzes Teil des Netzwerks. Mit dem Auftrag von RENN.west Hessen, über die Pilotregion das Thema Sport aufzugreifen und Akteur*innen dieses Bereiches in das Netzwerk einzubinden, konnten spannende neue Kontakte für die künftige Zusammenarbeit geknüpft werden. Zunächst fragten wir bei den vorhandenen Netzwerkpartner*innen nach, welche Verbindungen zu Sport existieren. So bietet der Geopark Vulkanregion Vogelsberg touristische Angebote wie Naturführungen an, die für Wandervereine interessant sind; die Ökomodellregion Vogelsberg organisiert Radtouren zu landwirtschaftlichen Ökobetrieben und bei der vhs Vogelsberg gibt es z.B. Yoga im Wald. Hier kann über den Freizeitsport sehr leicht eine Verbindung zu BNE-Themen hergestellt werden. Sportvereine waren bislang nicht im BNE Bildungsnetzwerk vertreten. In den ca. 230 Sportvereinen im Vogelsberg ist knapp die Hälfte der Bevölkerung des Kreises Mitglied. Auf Kreisebene sind die Vereine im Sportkreis Vogelsberg e.V. organisiert. Hier fehlte uns eine Kontaktperson, sodass wir einen anderen Weg wählten, um in der begrenzten Projektlaufzeit schnell Zugang zu den Vereinen zu bekommen. Dieser ging über die im BNE-Netzwerk aktiven Umweltschulen, die uns Ansprechpartner*innen in Sportvereinen vermitteln konnten.Nach dem meist telefonischen Erstkontakt verabredeten wir einen Interviewtermin online, da persönliche Treffen noch nicht möglich waren. Die Interviews dauerten zwischen 30 und 75 Minuten und verliefen in einer sehr freundlichen und wertschät-zenden Atmosphäre. Die Gesprächspartner hatten großes Interesse an „Nachhaltigkeitsthemen“, wobei die „SDGs“ und „BNE“ fast allen unbekannt waren. Spontan verknüpften unsere Gesprächspartner den Nachhaltigkeitsbegriff mit Umwelt- und Klimaschutz (z.B. Energie/Wasser/CO2 sparen) oder nutzten ihn im klassischen Sinne von Beständigkeit.Im weiteren Verlauf des Gesprächs gaben wir Beispiele, wo wir im Sport Anknüpfungspunkte für Nachhaltigkeit im Sinne der SDGs sehen, die über Umweltthemen hinausgehen. Das war z.B. der große Bereich der Beschaffung von Sportkleidung, Geräten und Lebensmitteln/Getränken für das Training oder Veranstaltungen. Auf diese Weise fiel es den Interviewpartnern leicht, ihre eigenen Tätigkeiten im Verein mit Nachhaltigkeit in Verbindung zu bringen und uns davon zu erzählen. Schnell wurde klar, dass im sozialen Bereich und bei dem Thema Gesundheit und Wohlergehen eine große Stärke der Sportvereine liegt. Der strenge Umgang mit Rassismus und Mobbing ist bei einem Verein beispielsweise in der Satzung verankert und grundsätzlich Bestandteil der Ausbildung von Übungsleiter*innen. Der Vereinsvorsitzende nahm den Impuls aus unserem Interview mit, im Nachgang herauszufinden, ob dieses Vereinsziel auch aktiv gelebt wird.Bei der Beschaffung von Sportbekleidung und -geräten spielen faire Produktionsbedingungen oder ökologische Kriterien bisher kaum eine Rolle. Die befragten Vereine erhalten über die übergeordneten Verbände oft günstigere Einkaufskonditionen als bei eigenständiger Beschaffung. In der Leichtathletik sind die Anforderungen an die Präzision der Sportgeräte so hoch, dass es kaum alternative Beschaffungsmöglichkeiten gibt. „Ein Speer muss bis auf wenige Millimeter die richtige Länge, das genaue Gewicht und den richtigen Schwerpunkt haben, damit man ihn im Wettkampf einsetzen kann“, erläuterte uns Dr. Erich Falk, Vorsitzender eines Leichtathletik-Vereins. Der ressourcenschonende Umgang mit Sportbekleidung war allen befragten Vereinen wichtig. Trikots werden gestellt und bei Vereinsaustritt oder wenn sie zu klein werden, zurück- und an andere Sportler*innen weitergegeben. Nach den Interviews haben zwei Vereine direkt ihr Interesse bekundet, im BNE-Netzwerk Vogelsberg mitzuwirken. Durch die neuen Kontakte haben wir nun die Möglichkeit, auf den Sportkreis Vogelsberg zuzugehen, um das Potenzial von Sport und Nachhaltigkeit vorzustellen. Außerdem haben wir viele neue Erkenntnisse über die Sportlandschaft vor Ort gewonnen. Die Sportvereine sind wichtige Partner, um die Nachhaltigkeitsthemen in unserer Region einer größeren Öffentlichkeit nahe zu bringen – und es passiert schon recht viel, was nicht direkt, aber doch auf den zweiten Blick sehr viel mit den SDGs zu tun hat. Allerdings scheint das Thema Nachhaltigkeit bisher noch nicht von der Verbandsebene, wo es seit einigen Jahren immer präsenter wird, zu den Vereinen herübergeschwappt zu sein.Kontakt: Dr. Alexandra Botzat, AZN Natur-Erlebnishaus, Katharina SchlitzerAlexandra.Botzatazn-vogelsbergdewww.nachhaltig-lernen-vogelsberg.de