Der Naturschutz bleibt grün

Die Fachstelle Radikalisierungsprävention und Engagement im Naturschutz (FARN) wurde von den NaturFreunden und der Naturfreundejugend ins Leben gerufen. FARN untersucht die historischen und aktuellen Verknüpfungen des deutschen Natur- und Umweltschutzes mit extrem rechten Strömungen. FARN bietet Workshops und Seminare für Aktive im Natur- und Umweltschutz sowie für Jugendliche und junge Erwachsene an.

Grüne Braune

Die Ökologiebewegung wird zumeist als eine junge Bewegung wahrgenommen und mit alternativen Lebensstilen und liberalen Werten assoziiert. Blickt man aber auf die mehr als 100-jährige Geschichte des deutschen Naturschutzes, wird man eines Besseren belehrt. Liberalen oder sozialdemokratischen Einfluss sucht man hier beinahe vergeblich. Meist waren es konservative bis faschistische Ideen, die sowohl die Wissenschaft als auch die Bewegung geprägt haben.

So gilt Ernst Haeckel, der Begründer der ökologischen Wissenschaften in Deutschland, heute als eine der Leitfiguren des Sozialdarwinismus und als Wegbereiter der Rassenhygiene und Eugenik. Inspiriert von der Darwinschen Evolutionstheorie fantasierte Haeckel von der „Zucht eines neuen Menschen“.

Eine der ersten Naturschutzbewegungen entstand Anfang des 20. Jahrhunderts aus einem konservativen und zivilisationskritischen Verständnis heraus. Passend zum Nationalismus nannte sie sich „Heimatschutzbewegung“. Diese Bewegung war geprägt von einer pessimistischen Sicht auf Verstädterung und Industrialisierung und sehnte sich nach einer romantisch verklärten „besseren Zeit“ sowie dem Erhalt kulturell gewachsener Landschaften und Traditionen.

Mithilfe der ideologischen Vorarbeit durch die Heimatschutzbewegung konnten auch die Nationalsozialisten ökologische Themen in ihren faschistischen Staat einbauen. Natur- und Tierschutz erhielten eine besondere Stellung, die Blut und Boden-Ideologie basierte auf dem Ideal der bäuerlichen Landwirtschaft. Der Gedanke, dass „Volk“ und „Raum“ organisch miteinander verbunden seien, ebnete schlussendlich auch den Weg für den rassenideologischen Vernichtungskrieg um den „Lebensraum im Osten“. Unter anderem 27 Millionen SowjetbürgerInnen fanden hier ihren Tod. Viele nationalsozialistische NaturschützerInnen konnten ihre Tätigkeit in der Bundesrepublik, in Verbänden wie in der Verwaltung, fortsetzen.

Das Aufeinandertreffen von Rechtsextremismus und Natur- und Umweltschutz ist also kein neues Phänomen, sondern hat Geschichte. Auf diese wird in (extrem) rechten Kreisen einerseits identitätsstiftend Bezug genommen, gleichzeitig aber auf die strategische Bedeutung dieses Themenfeldes aufmerksam gemacht.

Philip Stein, Leiter des rechtsextremen Netzwerkes Ein Prozent, spricht sich für die „Wiedererweckung des Ökologiebegriffs für rechte Kreise“ aus und plädiert für „die Nutzbarmachung des Begriffes“. Stein wirbt für Repaircafés, Regionalität und geschlossene Wertschöpfungsketten. Er fordert auf zum „Widerstand gegen die Wegwerfgesellschaft“.

Die Identitäre Bewegung verweist unter historischer Bezugnahme auf „Heimatliebe“ und behauptet, dass Umweltschutz nicht vereinbar sei mit multikulti, Einwanderung und Globalisierung. Ihre Aktiven inszenieren sich als naturverbundene Menschen in „Kulturlandschaften“ – „aus Liebe zum Eigenen“ lautet der dazugehörende Slogan.

Die neonazistische Kleinpartei Der III. Weg setzt sich für die Weiterentwicklung von alternativen Energien zur Sicherstellung der nachatomaren Energieversorgung Deutschlands ein. Auf ihrer Website freut sie sich darüber, dass schon Ernst Rudorff, der Begründer der Heimatschutzbewegung, den Dreiklang aus Natur, Heimat und Volk aufgemacht hat und stellt klar, dass „das Volk ohne umweltfreundliche Politik in seiner Substanz gefährdet ist“. Sie sammelt Geld für Tierheime und ruft ihre Anhänger zu Müllsammelaktionen auf.

Die NPD bekennt sich in ihrem Wahlprogramm zu einem „umfassenden Schutz der Heimat als Lebensraum für Mensch und Tier“. Sie war aktiv in Bürgerinitiativen wie „Braunkohle Nein“ und „Gentechnikfreie Region Nebel/Karow am See“. Die NPD-nahe Ökozeitschrift Umwelt & Aktiv titelte 2017: „Stadt Land Flucht: Willkommenskultur für tierisch gute Rückkehrer statt schächtende Zuwanderer.“

Rechtsextreme engagieren sich im Natur- und Umweltschutz. Viele Forderungen der „grünen Braunen“ decken sich oberflächlich betrachtet mit denen von Umwelt- und Naturschutzorganisationen. Erst bei genauerem Hinsehen wird deutlich, dass das Engagement stets mit biologistischen, rassistischen und völkischen Positionen verknüpft ist. Hier setzt die Bildungsarbeit von FARN an. In Workshops und Seminaren werden die Teilnehmenden in die Lage versetzt, die Überschneidungen von Ideen und Vorstellungen demokratischer und emanzipatorischer Natur- und Umweltschutzkonzepte mit rechtsextremen Ideen zu identifizieren.

FARN wird gefördert vom Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend im Rahmen des Bundesprogramms „Demokratie leben!“. 

Kontakt:

Lukas Leander Nicolaisen, Fachstellenleitung
E-Mail: nicolaisennf-farnde
www.nf-farn.de