Ethik ist was für Gutmenschen? Ethik ist Ansichtssache? Moral schreckt ab? Eine aktuelle Veröffentlichung des Bundesamts für Naturschutz (BfN) erklärt, welche Rolle Ethik in der Umweltbildung spielt. Dabei werden verbreitete „Mythen“ aufgegriffen und Methoden zur praktischen Bearbeitung vorgeschlagen.
In der Umweltbildung geht es nicht nur um die Vermittlung von Wissen, sondern vor allem darum, Menschen zu individuellen und gesellschaftlichen Veränderungen zu befähigen. Dabei spielt die Auseinandersetzung mit Werten und moralischen Prinzipien eine wichtige Rolle. Dennoch genießt das Thema „Moral“ im Umweltdiskurs einen zweifelhaften Ruf. Kommunikationsratgeber warnen vor dem „moralischen Zeigefinger“ und empfehlen aus Gründen der Zielgruppenorientierung, die Kommunikation auf individuelle Vorteile der Adressaten abzustellen. Gleichwohl teilen viele Akteure der Umweltbildung die Auffassung, dass Naturschutz und Nachhaltigkeit etwas mit Ethik zu tun haben. Sie empfinden die Beschränkung der Argumentation auf Fragen des eigenen Nutzens zu Recht als unbefriedigend. Denn für einen besseren Umgang mit Menschen und Natur sind auch Fragen sozialer, globaler, intergenerationeller und ökologischer Gerechtigkeit sowie die Frage nach dem guten Leben wichtig.
Ethisch fundiert argumentieren
Um eine ethisch fundierte, glaubwürdige und überzeugende Kommunikation zu unterstützen, hat das Bundesamt für Naturschutz im Jahr 2015 ein Forschungsvorhaben durchgeführt. Es sollte philosophisch fundierte und an der Praxis orientierte Wege erarbeiten, ethische Fragen zum Gegenstand der Umweltbildung zu machen. Hierzu trafen sich im Oktober 2015 Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler unterschiedlicher Disziplinen und Akteure aus unterschiedlichen Praxisfeldern zu einem Workshop. „Jenseits von Belehrung und Bekehrung. Wie kann Kommunikation über Ethik im Naturschutz gelingen?“, lautete die Frage, mit der sich die Anwesenden aus pädagogischer, psychologischer, soziologischer, philosophischer und praktischer Perspektive auseinandersetzten. Dabei wurde deutlich: Der beabsichtigte Brückenschlag von der Theorie zur Praxis wird durch unterschiedliche disziplinären Zugänge nicht eben leichter. Zum einen hängt es vom jeweiligen fachlichen Hintergrund ab, was unter „Naturschutz“, „Kommunikation“ und „Ethik“ verstanden wird. Zum anderen sind akademische Diskussionen so theoriegesättigt, dass ihre praktische Relevanz kaum deutlich wird.
Für die Erfordernisse der praktischen Bildungsarbeit wurde daher Bedarf an einer verständlichen und praxisorientierten Einführung in die ethischen Grundlagen der Naturschutzkommunikation geäußert. Diesen Bedarf möchte das kürzlich erschienene BfN-Skript decken. Es will die Kluft zwischen Theorie und Praxis überbrücken und dabei Ökologie mit Philosophie ebenso wie Tatsachen mit Werten verbinden. Wer sich für die ethisch-moralischen Gründe und die philosophischen Hintergründe der Umweltbildung interessiert, findet darin zahlreiche Anregungen.
Zehn Mythen in der Naturschutzkommunikation
Die Broschüre nimmt Positionen über Ethik und Kommunikation zum Ausgangspunkt, die in der Naturschutzkommunikation verbreitet sind. Anhand repräsentativer Zitate setzt sie sich mit folgenden „Mythen“ auseinander:
Jedem dieser Mythen ist ein eigenes Kapitel gewidmet. Jeder Mythos enthält einen wahren Kern, der zunächst gewürdigt wird. Danach wird die Aufmerksamkeit auf diejenigen Aspekte gelenkt, die begrifflicher Aufklärung bedürfen. Eine kurze und bündige Zusammenfassung am Ende jedes Kapitels erlaubt eiligen Leserinnen und Lesern einen raschen Überblick. Ein Anhang bietet darüber hinaus mit anschaulichen Arbeitsmaterialien Impulse für die praktische Arbeit. Das Skript steht auf den Seiten des BfN zum Download zur Verfügung und kann als Printversion kostenlos bestellt werden.
www.bfn.de/0502_skripten.html