ÖKOAUDIT - THEMA ODER HANDLUNGSFELD FÜR UMWELTZENTREN ?

Weder noch- muß wohl eine erste, schnelle Antwort lauten. Die Diskussion um das Ökoaudit hat die Umweltzentren noch nicht erreicht, jedenfalls nicht in der Breite. Dabei hat dieser umweltpolitische Ansatz eine Dynamik gewonnen, die von Umweltbildungseinrichtungen nicht länger ignoriert werden darf.
Der Kerngedanke des Ökoaudits besteht darin, Betriebe zu einem freiwilligen, kontinuierlichen Prozeß betrieblicher Umweltpolitik zu motivieren und die dafür notwendigen organisatorischen Voraussetzungen zu schaffen. Die rechtliche Basis ist die EGVerordnung über die "freiwillige Beteiligung gewerblicher Unternehmen an einem Gemeinschaftssystem für das Umweltmanagement und die Umweltbetriebsprüfung" aus dem Jahre 1993. In der deutschen Umweltdiskussion wird dieses Instrumentarium häufig auf den Begriff Ökoaudit reduziert. Damit rückt automatisch der Aspekt der Auditierung und Zertifizierung in den Vordergrund. Entscheidend ist jedoch, daß bei dem Verfahren ein Umweltmanagementsystem aufzubauen ist.
Für eine erste Orientierung ist es wichtig, sieben Verfahrenschritte zu unterscheiden. Am Anfang steht das Bekenntnis des Unternehmens bzw. des Umweltzentrums zur kontinuierlichen Verbesserung des betrieblichen Umweltschutzes. Es folgt eine ausführliche Umweltprüfung und Bewertung der direkten Umweltauswirkungen, die von dem Betrieb ausgehen. Erst danach kann die Aufstellung von Umweltzielen erfolgen. Um die Ziele zu erreichen, muß ein ausdifferenziertes Umweltmanagementsystem aufgebaut werden. Erst jetzt erfolgt eine Auditierung durch externe Betriebsprüfer, die ihren Niederschlag in der Umwelterklärung findet. Diese Erklärung muß der Öffentlichkeit zugänglich sein. Die offizielle Registrierung rundet das Verfahren ab. Die teilnehmenden Unternehmen verpflichten sich zur Kontinuität und damit auch zu einer regelmäßigen, alle drei Jahre stettfindenden Auditierung. Wichtig für das Verständnis des Ökoauditgedankens ist die Einsicht, daß es sich hier nicht in erster Linie um ein Umweltprogramm handelt, sondern das Umweltmanagement im Vordergrund steht. Das Heißt auch, daß im Grunde alle Betriebe daran teilnehmen können - überspitzt formuliert, auch Unternehmen der Atomindustrie. Von zwei Seiten bekommt dieses Thema nun eine neue Dynamik und steuert damit auch auf die Umweltzentren zu und zwingt diese, ihren Beobachterstatus zumindest zu reflektieren. Die EG-Verordnung war lange Zeit auf gewerbliche Betriebe beschränkt. Im Februar diesen Jahres ist eine erhebliche Erweiterung beschlossen worden (Bundesgesetzblatt Jahrgang 1998 Teil I, Nr 9), mit der Folge, daß auch Dienstleistungsunternehmen, sowie das öffentliche und private Bildungswesen in die Verordnung einbezogen werden. Die ersten Schulen sind dabei, sich auditieren zu lassen. Warum sollten ihnen nicht auch Umweltbildungseinrichtungen folgen? Dies wäre auch ein konsequenter Schritt zur Konkretisierung des "Bildungsprogramms für eine nachhaltige Entwicklung in der Bundesrepublik Deutschland", der ANU, DGU und GbU.
Im Gefolge der Debatte um Sustainable Development und der Bemühungen um eine Lokale Agenda 21, wird in Fachkreisen diskutiert, die EG-Öko-Audit-Verordnung zu einem Nachhaltigkeits-Mangement-System weiterzuentwickeln. Die ökonomischen, sozialen, kulturellen und entwicklungspolitischen Dimensionen des Nachhaltigkeitsansatzes verlangen von modernen und innovativen Unternehmen eine mitararbeiterund gesellschaftsorientierte Sozial- und Arbeitsplatzpolitik. (Zum aktuellen Stand der Diskussion: Manfred Born, Von EMAS zu SMAS, in: Zeitschrift für berufliche Umweltbildung 1/98).
Beide Stränge verlangen im Grunde von den Umweltbildungseinrichtungen eine Selbstreflexion und im nächsten Schritt auch Neupositionierung zum Komplex Ökoaudit. Die erste Antwort auf die Frage der Überschrift muß danach wohl korrigiert werden.

Ernst Zachow, econtur