Klimaschutz als Gemeinschaftsaufgabe

Kommune, Schule und außerschulische Umweltbildungsorte – drei gesellschaftliche Institutionen, die auf den ersten Blick wenig miteinander gemein haben. Auf den zweiten Blick zeigte sich aber bei den ANU-Fachtagungen „Klimaschutz in Schule und Kommune“ im Rahmen des Projekts LeKoKli – Lernfeld Kommune für Klimaschutz, welche vielseitigen gemeinsamen Ansatzpunkte es für die Akteure der jeweiligen Ebenen für eine produktive und erfolgreiche Zusammenarbeit gibt.

Eine Studie des Instituts Futur der FU Berlin(1) zeigt aus Sicht der Klimabildung Erschreckendes: Während die Mehrzahl junger Menschen die erfolgreiche Bekämpfung der Klima­krise als wichtigstes Zukunftsszenario sieht, bewertet die überwiegende Mehrheit ebendieser jungen Menschen dieses Handeln im Vergleich zu anderen Entwicklungen wie einer erfolgreichen Digitalisierung als am wenigsten wahrscheinlich. Dies verdeutlicht, auch vor dem Hintergrund der Bewegung Fridays for Future, dass viele junge Menschen mit wachsender Besorgnis und Desillusionierung auf fehlende oder unzureichende Klimaschutzmaßnahmen reagieren. Wie kann dem im Sinne einer Bildung für nachhaltige Entwicklung (BNE) begegnet werden?

Ansätze hierzu wurden seit 2016 im Projekt „LeKoKli – Lernfeld Kommune für Klimaschutz“ erprobt: Ziel war es, modellhaft zu untersuchen, wie Akteure aus den Feldern kommunaler Klimaschutz und schulische Bildung für nachhaltige Entwicklung zusammenarbeiten können, um das Interesse junger Menschen an kommunalen Klimaschutzstrategien zu wecken oder aufzugreifen. So wurden in mehreren Schritten Studien durchgeführt, Projekte und Methoden in Reallaboren erprobt und diese in Klimaschutz-Werkstätten diskutiert (siehe ÖPN 284, Nov. 2017). Drei bundesweite Fachtagungen „Klimaschutz in Schule und Kommune – Städte, Gemeinden und Kreise als Lernorte für den praxisnahen Unterricht“, durchgeführt vom ANU-Bundesverband, kombinierten im Anschluss die Präsentation der Projektergebnisse durch den Projektträger Energie- und Umweltzentrum am Deister (e.u.[z.]) mit Fachvorträgen renommierter Wissenschaftler und der Vorstellung konkreter Umsetzungen und Methoden. Zudem ermöglichten die Tagungen Akteuren aus Schule, Kommune und außerschulischen Umweltbildungseinrichtungen, miteinander ins Gespräch zu kommen und Ansatzpunkte einer erfolgreichen Kooperation kennenzulernen. Dadurch knüpften sie direkt an die Ergebnisse des LeKoKli-Projekts an. Denn insbesondere eine frühzeitige und regelmäßige Kommunikation zwischen den Akteuren aus Schule, Kommune und außerschulischen Lernorten, gepaart mit einem Verständnis für das jeweils andere System und verbindlichen Vereinbarungen, wurden als zentrale Bestandteile einer erfolgreichen Kooperation der Akteure identifiziert.

Theoretische Hintergründe zum Lernfeld Kommune für Klimaschutz lieferten die drei Hauptreferenten der Fachtagungen. So betonte Prof. Felix Ekardt, dass sich Normalitätsvorstellungen ändern müssten, um den globalen Temperaturanstieg auf die im Pariser Klimaabkommen vereinbarten 1,5 °C zu begrenzen. Konkret beschrieb er Normalitätsvorstellungen als diejenigen Gewohnheiten und Verhaltensmuster, die, teilweise auch unbewusst, als „üblich“ angenommen werden,(2) wie die steigende Tendenz, Fernreisen als „normale“ Urlaubsaktivitäten anzusehen. Prof. Gerhard De Haan widmete sich in seinem Vortrag lokalen Bildungslandschaften: Durch eine Verknüpfung verschiedener Lernorte unter Berücksichtigung von Lernbiografien und kooperativem Lernen könnten Bildungslandschaften vielversprechende Möglichkeiten für BNE bieten. Allerdings erfordere dies den Rückhalt auf der kommunalen Entscheidungsebene und eine Änderung kommunaler Bildungsfinanzierung. Vor dem Hintergrund seines neuen Buches(3) beleuchtete Prof. Uwe Schneidewind, wie transformatives Lernen für den Klimaschutz gestaltet werden kann. Er untermauerte den LeKoKli-Ansatz, Reallabore als Experimentierräume zu nutzen. So betonte er, dass Schulen als Katalysatoren von Veränderung, zum Beispiel ins Quartier hinein, großes Potenzial entfalten können. Dabei seien insbesondere das Experimentieren außerhalb des üblichen didaktischen Rahmens oder, mit Blick auf Fridays for Future, das Erleben von Protestformen Lernformen, die ein hohes transformatives Potential hätten.

Insgesamt zeigten die Fachtagungen, dass die Akteure aus Schule, Kommune und außerschulischen Bildungseinrichtungen Motivation, aber auch Bedarf für eine erfolgreiche Zusammenarbeit im Lernfeld Kommune für Klimaschutz mitbringen und ein Ausbau der Zusammenarbeit gewünscht ist. Informationen zu den Fachtagungen sind im ANU-Portal www.umweltbildung.de veröffentlicht. Als Abschluss des Projekts LeKoKli wird der Projektträger e.u.[z.] zudem einen Leitfaden zum Thema veröffentlichen.

Literaturhinweise

(1) Grund, J.; Brock, A.: Why We Should Empty Pandora´s Box to Create a Sustainable Future: Hope, Sustainability and Its Implications for Education. Sustainability, MDPI 2019.

(2) Ekardt, F.: Wir können uns ändern. Gesellschaftlicher Wandel jenseits von Kapitalismuskritik und Revolution. oekom Verlag, München 2017, S. 66 ff.

(3) Schneidewind, U.: Die Große Transformation. Eine Einführung in die Kunst gesellschaftlichen Wandels. Fischer Verlag GmbH, 2018.

Kontakt:

Julia Pesch, Referentin für BNE, ANU Bundesverband e.V., Frankfurt, E-Mail: peschanude

Annette Dieckmann, ANU-Vorsitzende, Frankfurt, dieckmannanude, www.umweltbildung.de