Gemeinsam Zukunft gestalten!

Ein Projekt von Ökoprojekt MobilSpiel e.V. mit geflüchteten und einheimischen Jugendlichen weist Wege für junge Menschen, sich neu in unserer Gesellschaft zu verorten. Daran zeigt sich, wie Bildung für nachhaltige Entwicklung Jugendlichen gesellschaftliche Teilhabe ermöglichen kann.

Es ist ein Gruppennachmittag mit schönem Wetter, langsam trudeln Jugendliche, Schüle*rinnen von zwei Gymnasien im Kreativquartier in München ein. Hier treffen sie sich mit jungen Geflüchteten. Einmal in der Woche verbringen sie einen Nachmittag mit gemeinsamen Aktivitäten. Zwei Umweltpädagogen von Ökoprojekt MobilSpiel e.V. begleiten sie dabei. Zum Projektstart im März hatten die Jugendlichen gemeinsam beschlossen, sich eine kleine Brachfläche nach ihren Vorstellungen zu gestalten. Grün soll sie werden, mit Bepflanzungen und natürlich Sitzgelegenheiten. Die letzten Male bauten sie bereits ein Hochbeet, das sie mit Erde befüllt und bepflanzt haben. Zuvor hatten sie sich mit ihrer Projektleitung beraten, was sie anpflanzen wollen. Die Wahl fiel auf Bohnen, die allen Jugendlichen bekannt sind und aus denen sie nach der Ernte gemeinsam Gerichte zubereiten wollen. Heute gestalten die Jugendlichen in kreativer Eigenaktivität Holzbänke und Tische aus Europaletten und alten Gartenmöbeln, die sie für ihre weiteren Begegnungsnachmittage nutzen können.

„‚Gemeinsam Zukunft gestalten!‘ ist ein partizipatives Projekt der Bildung für nachhaltige Entwicklung, das sich an geflüchtete und einheimische Jugendliche ab 15 Jahren richtet. Es hat zum Ziel, dass die Jugendlichen zu einer Gruppe zusammenwachsen und sich mit Nachhaltigkeitsthemen wie Ernährung, Kleidung, Mobilität und Konsum auseinandersetzen“, erklärt Steffi Kreuzinger, Projektleiterin und Pädagogische Leitung der Umweltstation Ökoprojekt MobilSpiel e.V. „Die Jugendlichen beschäftigen sich alltagsnah mit Umwelt- und Ressourcenschutz und werden selbst aktiv, zum Beispiel beim Upcycling von Kleidung, in Fahrradwerkstätten oder bei der Selbstversorgung durch Hochbeete. Die Ideen für ihre Umweltprojekte werden mit den Jugendlichen gemeinsam vor Ort entwickelt und sie entscheiden, was sie machen möchten. Auch gemeinsame Ausflüge gab es schon.“ Kreuzinger berichtet, dass die Freude der Jugendlichen beim gemeinsamen und selbstständigen Bauen und Kreativsein als Erfolgsfaktor für das Gelingen des Projekts wirkt. Sprachschwierigkeiten bestehen kaum. Die Jugendlichen tauschen sich über Themen aus, die sie beschäftigen. Dazu gehören auch Erlebnisse und Erfahrungen von Flucht. Dadurch, dass sie sich mit ihren Interessen stark in das Projekt einbringen können, werden sie zusätzlich motiviert, dauerhaft an den Gruppennachmittagen teilzunehmen. Kreuzinger resümiert: „Durch die Begegnung lernen die Jugendlichen den Lebensalltag der jeweils anderen kennen. Das stärkt ihre Empathie, Weltoffenheit und Toleranz.“

Das Projekt ist eingebettet in eine lokale Bildungslandschaft: Die Umweltstation ist mit vielen weiteren Bildungsträgern gut vernetzt. Partner des kontinuierlichen Projekts sind: Einrichtungen im Kreativquartier München, Institut für angewandte Kulturelle Bildung, SchlaU-Schule, eine Mittelschule und zwei Gymnasien, die Projektergebnisse im Unterricht aufgreifen. Gefördert wird das Projekt durch die Deutsche Bundesstiftung Umwelt.

Laut der Broschüre „Thema kompakt – Unbegleitete minderjährige Flüchtlinge“ der Diakonie Deutschland vom April 2016 gibt es derzeit ca. 60 Millionen Flüchtlinge weltweit. Davon sind laut UN-Flüchtlingshilfe schätzungsweise die Hälfte Kinder und Jugendliche unter 18 Jahren. Etwa 20.000 von ihnen kamen 2015 neu in Deutschland an. Insgesamt erhalten derzeit ca. 65.000 unbegleitete minderjährige Kinder und Jugendliche sowie volljährig gewordene Heranwachsende Leistungen der Kinder- und Jugendhilfe.

Das Projekt von Ökoprojekt MobilSpiel e.V. ist eines von 30 Umweltbildungsprojekten mit Geflüchteten, die seit November 2015 mit ihren Aktionen über die Website www.umweltbildung-mit-fluechtlingen.de an die Öffentlichkeit gegangen sind. Die Plattform zeigt, welchen Beitrag Bildung für nachhaltige Entwicklung zur gesellschaftlichen Integration von Geflüchteten leisten kann.

In Kooperation mit Jugendämtern, Wohlfahrtsverbänden, (Berufs-)Schulen und weiteren Betreuungsstellen bieten etliche Akteure vom Nationalpark bis zum selbstständigen Umweltbildner jeweils mehrtägige oder kontinuierliche Bildungsprogramme für unbegleitete minderjährige Flüchtlinge an. Diese beinhalten in der Regel ein Kennenlernen der neuen Umgebung, Themen der Nachhaltigkeit, aktive Gestaltungsmöglichkeiten und Erfahrung von Selbstwirksamkeit. Spracherwerb ist dabei ein Instrument zur besseren Verständigung. Wichtig sind Kontakte zu gleichaltrigen einheimischen Jugendlichen als Bestandteil der Projekte. Sie sind personalintensiv und müssen wegen vieler Kooperationen gut vorbereitet werden. Gleichzeitig eröffnen sie eine große Chance für ein neues Miteinander, wenn sie den Jugendlichen Teilhabe am gesellschaftlichen Leben ermöglichen.

Mit Bezug auf die Agenda 2030 der Vereinten Nationen kann Integration als die messbare gesellschaftliche Teilhabe für alle an den ökonomischen, ökologischen, sozialen und kulturellen Ressourcen der Gesellschaft definiert werden. Projekte der Bildung für nachhaltige Entwicklung mit einheimischen und zugewanderten Jugendlichen können dazu beitragen, Verunsicherung und Konkurrenz um gesellschaftliche Ressourcen abzubauen und zivilgesellschaftliches Engagement zu stärken. Sie bieten die Chance, in der Begegnung von Menschen Migrations- und Fluchterfahrungen als Bildungsprozesse zu verstehen und zur Selbstwirksamkeit und Identitätsfindung aller beteiligten Jugendlichen beizutragen.

www.oekoprojekt-mobilspiel.de