Hochschulstudium Nachhaltigkeit (B. A.)?

Von der Fakultät Nachhaltigkeit der Leuphana-Universität Lüneburg über die Hochschule für nachhaltige Entwicklung Eberswalde bis zum Graduiertenkolleg Nachhaltigkeit an der Katholischen Universität Eichstätt: Im Bereich Nachhaltigkeit bewegt sich deutschlandweit einiges an den Universitäten

Bachelor oder Master, Sommeruniversität und Virtuelle Akademie – das universitäre Bildungsangebot war nie so vielfältig wie jetzt. Vielfalt aber schürt auch Ängste bei den Abiturienten: Selbst wenn die Schulabgänger ihr Möglichkeitenspektrum eingegrenzt haben und mit dem Themenkomplex Nachhaltigkeit liebäugeln, stehen sie vor einer Vielzahl neuer Möglichkeiten. Ein technischer oder naturwissenschaftlicher Studiengang mit Schwerpunkt erneuerbare Energien – oder doch lieber Bildung für nachhaltige Entwicklung (BNE) als Spezialisierung in einem sozialen Studium oder als Teil des Lehramts? Die breit gefächerten Inhalte von Nachhaltigkeit spiegeln sich auch in den Curricula der Universitäten wider.

Das Hochschul-Informations-System HIS hat für die Studie „Erwartungen, Entscheidungen und Bildungswege“ Abiturienten nach ihren Zukunftsplänen gefragt: Ein halbes Jahr vor dem Abschluss hatten weniger als zehn Prozent einen festen Plan für ihre Zukunft. Der Mehrheit bereitet die unabsehbare Entwicklung auf dem Arbeitsmarkt, die unüberschaubare Menge an Ausbildungen und Studiengängen, mangelnde Beratung für Studium und Beruf und die Angst, ihre Ausbildung nicht finanzieren zu können, ernsthafte Sorgen.

Orientierungshilfen

Auch wenn ein übersichtlicher, deutschlandweiter Kompass für Nachhaltigkeitsstudiengänge noch nicht zur Verfügung steht, gibt es einige Fixsterne. Der Online-Leitfaden „Studium und Forschung zur Nachhaltigkeit“ (1) stellt über 300 Studienangebote sowie Forschungseinrichtungen vor, die sich am Leitbild der nachhaltigen Entwicklung ausrichten. Auch wenn die Liste nicht auf dem allerneuesten Stand ist, erleichtert sie mit detaillierten Informationen, Schlagwortsuche und Deutschlandkarte die Suche.

Für alle, die sich neben Studium oder Beruf im Bereich BNE weiterqualifizieren möchten, sind die ANU-Landesverbände gute Ansprechpartner. Bundesweit führen sie oder ihre Mitglieder regelmäßig Seminare, Fort- und Weiterbildungen durch. Für den hochaktuellen Bereich erneuerbare Energien bietet der Wissenschaftsladen Bonn im Rahmen der „Allianz für Zukunftsberufe“ eine gute Übersicht über Ausbildungs- und Studienmöglichkeiten, ergänzt durch den Selbsttest „Taste EE“ und Materialien für Lehrkräfte. (2) Einen Überblick über Nachhaltigkeit in der Hochschullandschaft gibt die im Februar erschienene Broschüre „Hochschulen für eine nachhaltige Entwicklung“ (3) der Deutschen Unesco-Kommission.

Studentische Nachhaltigkeitsinitiativen

Auch wenn ihr Studiengang kein „nachhaltig“ im Titel trägt, können sich Studierende in diesem Bereich engagieren. Die Zahl der studentischen Nachhaltigkeitsinitiativen, die für alle Fachrichtungen offen sind, wächst kontinuierlich. Ob im „Netzwerk der studentischen Nachhaltigkeitsinitiativen“ oder im „Netzwerk klimagerechte Hochschule“: In vielen deutschen Städten können sich Studenten für globale (Klima-)Gerechtigkeit an der eigenen Uni engagieren. Fachspezifischer geht es bei „Blue Engineering“ zu, zwei Hochschulgruppen aus Ingenieursstudiengängen in Berlin und Hamburg, die für die sozialen und ökologischen Dimensionen von Technik sensibilisieren möchten.

Kritikpunkte bleiben

Trotz vieler positiver Entwicklungen bleiben einige augenfällige Kritikpunkte. Nicht umsonst prangerte der BUND in seinem Diskussionspapier „Nachhaltige Wissenschaft“ (4) im vergangenen Februar an, dass die Wissenschaft in ihrer Perspektive enger und technikorientierter wird, bedingt durch Drittmittel- und einseitige Exzellenzorientierung. Das derzeitige Wissenschaftssystem gebe auf die drängenden Fragen des 21. Jahrhunderts einseitige Antworten. Der BUND fordert deshalb, mehr interdisziplinäre und transdisziplinäre Ansätze zu integrieren. Gefragt ist also eine Forschung, die nicht nur das Wissen unterschiedlicher Disziplinen, sondern auch das von betroffenen Akteuren einbezieht.

Baden-Württemberg hat beim Lehramt bereits auf das Problem reagiert: Kultus- und Wissenschaftsministerium bauen gemeinsam ein begleitendes Hochschulnetzwerk „Bildung für nachhaltige Entwicklung“ auf. Neben der Verankerung von BNE im Hochschulbereich soll eine Arbeitsgruppe in den kommenden Monaten Qualifizierungsmodule und eine Konzeption zur Qualifizierung von BNE-Multiplikatoren entwickeln.

„Die Gesellschaft hat Probleme, die Wissenschaft Disziplinen“ so der populäre Allgemeinplatz. Der Wunsch nach inter- und transdisziplinären Nachhaltigkeitswissenschaften ist ein guter Ansatz – die Integration von Ausbildungsberufen, Abendschulen und Weiterbildungen in ein nachhaltiges Wissensnetzwerk die große Vision.

[Lisa Hübner]

(1) www.leitfaden-nachhaltigkeit.de

(2) www.jobmotor-erneuerbare.de

(3) www.kurzlink.de/hs-nachhaltig

(4) www.bund.net/nachhaltigkeit (Wissenschaft)