Konkrete Aufgaben

Hochschulen sollten Orte der Bildung und Forschung für nachhaltige Entwicklung sein. Eine Arbeitsgemeinschaft wirbt für den Wandel und leistet Vorarbeit. Die „Virtuelle Akademie“ könnte zum Nukleus für neue Kooperationsformen werden

Hochschulen haben eine besondere Verantwortung für eine nachhaltige Entwicklung. Sie bilden die Menschen aus, die mit ihrem fachlichen Hintergrund die komplexen Probleme auf dem Weg zur Nachhaltigkeit lösen sollen. Vorschläge für Nachhaltigkeitskompetenzen gibt es viele. Auch mit ihren Forschungsbeiträgen können Hochschulen dazu beitragen, Wissen für einen verantwortungsvollen Umgang mit der Welt zu schaffen.

In Deutschland spielen auf der Hochschulbühne über 400 akademische Einrichtungen mit. Sie bieten über 13.000 Studiengänge für etwa zwei Millionen Studierende an. Bei der Wahl ihrer Forschungsthemen folgen die Akteure gemäß der Freiheit von Forschung und Lehre intrinsischen Motivationen, institutionellen Festlegungen und mannigfaltigen forschungspolitischen und monetären Anreizen. Was kann eine kleine „Arbeitsgemeinschaft Hochschulen und Nachhaltigkeit“, die vom Runden Tisch zur Umsetzung der UN-Dekade Bildung für nachhaltige Entwicklung eingerichtet wurde, auf dieser großen Bühne für eine Rolle spielen?

Wirkungen ohne finanzielle Unterstützung zu erzielen, ist immer eine große Herausforderung. Die AG hat inzwischen eine hohe Anziehungskraft für die an vielen Hochschulen neu geschaffenen Nachhaltigkeitskoordinatoren. HochschullehrerInnen kennen ihre inhaltlichen Gestaltungsmöglichkeiten und suchen Motivationsquellen bei ihrem Einsatz für eine nachhaltigere Hochschule.

Dass Hochschulen Nachhaltigkeit in Forschung und Lehre sichtbar gestalten, ist ohne politischen Druck und finanziellen Schub ein sehr hohes Ziel. Auch kraftvolle Ideen wie eine nachhaltige Entwicklung müssen erst in den Gremien der Hochschulen mit Bedeutung aufgeladen werden, um Raum in Curricula und internen Forschungsförderungen gewinnen zu können. Bedeutungszuweisungen gehen immer einher mit Bedeutungsverlust. In einer Welt der knappen Ressourcen von Zeit, Geld und Aufmerksamkeit ist jede Veränderung eine wesentliche Umverteilung. Weder Hochschulen noch andere Institutionen sind darauf gut vorbereitet: Niemand gibt gerne ab!

Reden, visualisieren, ermöglichen, messbar machen: Zu diesen Treibern kann auch eine kleinere AG ihren Beitrag leisten. Solange über eine nachhaltigere Hochschule gesprochen wird, kann aus dem kleinen rhetorischen Feuer ein großer Impuls wachsen. Öffnen sich dann Gelegenheitsfenster in den Hochschulen, sind wichtige Vorbereitungen getroffen.

Zum Impuls des Ermöglichens gehört auch die Virtuelle Akademie Nachhaltigkeit. Wenn in 13.000 Studiengängen Veranstaltungen zu Nachhaltigkeit angeboten werden sollen, ist E-Learning eine wunderbare Methode, Vorlesungen auf hohem Niveau weit zu verbreiten. Die AG hat diese Idee mitentwickelt und ihre Umsetzung begleitet. Hochschulen können mit einfachen Anerkennungsregeln Studierenden aller Fachrichtungen die Möglichkeit geben, Credit Points mit BNE zu erwerben. Die heutigen Möglichkeiten des Online-Lernens verweisen sehr nachdrücklich auf neue Organisationsformen von Lehre. Wenn Hochschulen auch unter Wahrung ihrer Freiheiten in Forschung und Lehre mehr gesellschaftsrelevante, fachübergreifende Kompetenzen vermitteln sollen, dann müssen diese Aufgaben nicht 400 Mal an jeder Hochschule wieder neu gelöst werden. Eine verantwortungsvolle Hochschule kooperiert in Netzwerken mit anderen Hochschulen und schafft sich einen Fundus an vielfach verwendbaren Lehrveranstaltungen zum Thema Bildung für nachhaltige Entwicklung. Die Virtuelle Akademie Nachhaltigkeit könnte der Nukleus für solche Kooperationsformen sein.

[Georg Müller-Christ]

Dr. Georg Müller-Christ ist Professor am Fachgebiet Nachhaltiges Management der Universität Bremen und Vorsitzender der AG Hochschulen und Nachhaltigkeit der Deutschen Unesco-Kommission.

Virtuelle Akademie: www.va-bne.de