Kulturelle Bildung für eine nachhaltige Entwicklung

Kulturelle Bildung erweitert die Ausdrucksmöglichkeiten der Menschen und hilft ihnen, sich zu entwickeln und ihre Welt zu gestalten. Und sie ist eine Möglichkeit, diese zu erforschen. So kann sie  wesentlich zu einer nachhaltigen Entwicklung beitragen und sich mit Angeboten der Umweltbildung gut ergänzen.

 

Die Gestaltung der Welt ist ein kultureller Akt. In seiner Arbeit, mehr noch in seinen theoretischen Überlegungen hat der Düsseldorfer Künstler Joseph Beuys auf diesen Zusammenhang hingewiesen. Mit dem erweiterten Kunstbegriff der „sozialen Plastik“ formulierte er die These, dass jeder Mensch über die Kreativität und das Vermögen verfüge, sich gestaltend an der Welt und den Gesellschaften zu beteiligen. In einem demokratischen Prozess könne das aber immer nur in einem sozialen Kontext geschehen. So gehe es darum, „einen sozialen Organismus, also ein soziales Ganzes so zu gestalten, dass in ihm ein gedeihliches Leben für den Menschen möglich ist, ein gedeihliches Leben dadurch, dass die Fähigkeiten der Menschen sich weiter entfalten können, zur Produktivität aufgerufen sind, das Äußerste, was den Menschen in ihrer Entwicklung zu tun aufgegeben ist, auch zu erreichen, einerseits – damit verbunden aber auch das Leben der Natur auf einen Höchststand ihrer Entwicklung im Zusammenhang mit der menschlichen Arbeit zu bringen“.(1)

Ausdrücklich bezog er das Wort und den Gedanken dabei mit ein: So bringe das Denken Ideenmaterial hervor, das, wenn auch zunächst keine physische, so doch eine gedankliche Form hat. Imaginationen als „Ein-Bildungen“ könnten Vorstellungen einer zu gestaltenden Welt und damit Ursache einer Selbstgestaltung der Menschen werden. Die Dialektik von Welt- und Selbstgestaltung ist damit angesprochen – und damit ein pädagogisches Grundproblem: Wie können Bildungsprozesse so gestaltet werden, dass sie die Menschen in die Lage versetzen, eine nachhaltige Entwicklung zu gestalten und sich gleichzeitig dazu befähigen, die notwendigen Schritte zu machen?

Zukunft gestalten

Im Rahmen des Projektes „Transformation von unten“ der ANU wurden Ansätze kultureller Bildung einbezogen. In den entstandenen „Wandelgeschichten“, animierten Bilddateien und einem Film wurde mit Metaphern, Weltbildern und Filmtricks gearbeitet. Zwei Seminare mit der Kulturwissenschaftlerin Dr. Hildegard Kurt sind der Frage nachgegangen, wie Umweltbildung und kulturelle Bildung zusammenwirken können. Außerdem wurden innere Bilder der Teilnehmenden auf Fragen der Umweltbildung bezogen.(2)

Bildung für eine nachhaltige Entwicklung ist auf die Zukunft gerichtet. Aber die nötigen Perspektiven lassen sich nicht einfach aus der Verlängerung der Gegenwart oder der Verhinderung unerwünschter Entwicklungen gewinnen. Künstlerische Prozesse mit Kindern, Jugendlichen oder Erwachsenen können Visionen entwickeln, zu einer Auseinandersetzung mit Welt-Gestalt werden, unterschiedliche Perspektiven spielerisch miteinander in Beziehung setzen. Sie können neue Perspektiven gewinnen und Zusammenhänge neu bewerten.

Vier Dimensionen

Mindestens vier Dimensionen lassen sich in diesem Zusammenhang beschreiben:

1. Kulturelle Bildung will Menschen dazu befähigen, ihr eigenes Leben zu gestalten und zu einer sozial gerechteren Welt beizutragen. Damit wird nachhaltige Entwicklung zu einem Thema kultureller Bildung.

2. Kultur und die Vielfalt kultureller Ausdrucksformen sind eine der Grundlagen für soziale und politische Entwicklungen und müssen daher als solche untersucht und erforscht werden.

3. Die Kommunikation über mögliche und wünschenswerte Entwicklungen bedient sich kultureller Ausdrucksformen. In diesem Zusammenhang sind auch Wertorientierungen zu reflektieren und dabei die unterschiedlichen Interessen zu diskutieren.

4. Und nicht zuletzt ist kulturelle Bildung in der Lage, eine Ästhetik der Nachhaltigkeit zu entwickeln, bei der zum Beispiel die Frage gestellt werden kann, wie denn ein gutes Leben aussehen kann. Beiträge dazu liefert die Forschung nach den Bedingungen und Formen des Glücks.(3) 

Kulturelle Bildung ist laut Deutscher UNESCO-Kommission Teil der Allgemeinbildung, die jeder und jedem gesellschaftliche Teilhabe und aktive Mitgestaltung der Zukunft ermöglichen soll. Sie ist Teil eines lebensbegleitenden Lernens in den Künsten, mit den Künsten und durch die Künste: Literatur, Musik, Bildende Kunst, Theater, Tanz, Angewandte Kunst, Film, Fotografie, digitale Medien, Zirkus und mehr. Kulturelle Bildung ist Aufgabe von Kunst- und Kultureinrichtungen, Kindertagesstätten, Schulen, Universitäten, außerschulischen kulturpädagogischen und Ausbildungseinrichtungen und der Medien.

 

(1) Joseph Beuys: Ein kurzes erstes Bild von dem konkreten Wirkungsfelde der Sozialen Kunst, Wangen, 1. Auflage 1987, zitiert nach 3. Auflage 1997, S. 11f.

(2) siehe dazu www.kurzlink.de/transformation

(3) siehe dazu www.glueckundnachhaltigkeit.de

 

Günter Klarner, Pädagoge,
Umweltbildung, Kunst und Medien,
E-Mail: guenter.klarnercretade,
www.creta.de