Weltbilder gestalten

Die Einbeziehung von Multimedia in die Umweltbildungsarbeit muss nicht in den Widerspruch zur Naturerfahrung treten. Vielmehr können sich beide ergänzen, wie viele Projekte zeigen, um Kinder und Jugendliche mithilfe der digitalen Werkzeuge zu achtsamen Gestaltern ihrer Umwelt zu machen.

Die jährlich erstellten Studien des Medienpädagogischen Forschungsverbundes Südwest (mpfs) zur Mediennutzung von Kindern und Jugendlichen zeigen, dass in dieser Altersgruppe fast alle über Internetzugänge, Computer oder Mobilgeräte verfügen. Besonders häufig genutzt wurden Videoportale.

Selber machen

Mit den einfachen Hilfsmitteln zur eigenen Medienproduktion sind die Möglichkeiten zur Beteiligung von Kindern und Jugendlichen enorm gewachsen. Gerade die Verbreitung mobiler Geräte wie Tablets und Smartphones macht es möglich, überall und jederzeit Material für eine Medienproduktion zu erstellen: Handys verfügen über eine Option zum Filmen, können Fotos machen und Sounds aufnehmen, Digitalkameras finden sich in nahezu jedem Haushalt. Eine Vielzahl von Programmen ist erhältlich, mit denen aus dem Rohmaterial relativ einfach Präsentationen, Bildergeschichten und Videos erstellt werden können. Dabei ist es sinnvoll, auf kostenlose Programme zurückzugreifen, wenn der Aspekt der Nachhaltigkeit auch für die pädagogische Arbeit gelten soll: Kinder und Jugendliche sollen sich die Programme leisten können.

Damit eröffnen sich viele Möglichkeiten für die Umweltbildung: Schnell ist das Material für eine Fotodokumentation zum Thema Biodiversität auf einer Exkursion erstellt. Mit einfachen Schnittprogrammen wie Moviemaker, Video Pad oder Imovie können daraus kleine Fotopräsentationen als Diashows erstellt werden. Über Aktionen können kurze Videos gedreht werden, die mit Schnittprogrammen zu Filmen montiert werden. Zur Vertonung eignet sich das Programm Audacity, Fotos werden mit dem Bildprogramm Gimp bearbeitet.

Vom Konsumenten zum Produzenten

Medienpädagogisch passiert da etwas Entscheidendes: Kinder und Jugendliche werden von Konsumenten zu Produzenten. Damit aber verlagert sich ihr Blickwinkel. Sie nehmen die Welt anders wahr, suchen nach Perspektiven, die ihre Sicht auf die Welt darstellen können. Eine Fotokamera in der Hand eines 12-Jährigen fokussiert auf der Suche nach Naturbildern den Blick, lässt Details wie Farben, Formen und Strukturen deutlicher werden. Eine weitere wichtige Wirkung lässt sich feststellen: Jugendliche, die zum Beispiel einen Film produzieren und dann in ein Videoportal hochladen, machen die Erfahrung: „Ich kann das.“ Sie erleben sich selbst als wirksam. Und über soziale Netzwerke erhalten sie Resonanz über ihre Arbeit und können ihre Haltung zur Welt kommunizieren.

Ästhetische Erforschung der Umwelt

Medienproduktionen können wesentlich mehr sein als Dokumentationen. Sie werden zu Mitteln, mit deren Hilfe sich Visionen einer anderen Welt darstellen lassen, werden zum Werkzeug der Untersuchung der Umwelt. Sie transportieren Entwürfe eines anderen Lebens, werden zu Gestaltungsmitteln. Die pädagogische Qualität besteht darin, dass das multimediale Arbeiten mehr ist als nur das Gestalten einer Medienproduktion. Es ist vielmehr ein mediales Nachdenken über Zusammenhänge, die oft erst in der Produktion und in der Auseinandersetzung der beteiligten Kinder und Jugendlichen mit einem Umweltthema klar werden. So können Multimediaprojekte zu einem Mittel der ästhetischen Erforschung der Umwelt werden.

Erklärvideos

Bei Jugendlichen beliebt sind „Erklärvideos“, die über Videoportale zu den verschiedensten Themen angesehen werden können. Im zweiten Schritt können solche dann auch produziert werden – gemeinsam mit Jugendlichen als Medienprojekt. Die Redakteure des Onlineportals „e-politik – Politik, Gesellschaft & Politikwissenschaft“ haben in der Reihe „WissensWerte“ mehrereVideos zu den verschiedensten Themen wie Globalisierung, Energiewende, Welternährung oder Klimawandel die politische Arbeit erstellt. Sie können als Vorlage für eigene Produktionen mit Jugendlichen dienen. Immer noch wird von PädagogInnen befürchtet, dass mit der Nutzung von Multimedia an Stelle der direkten Welterfahrung eine nur noch medial vermittelte tritt. Dass das nicht so sein muss, machten Beiträge und Diskussionen auf der Tagung „Natur 2.0“ deutlich, über die Marion Loewenfeld und Simone Gerhardt nachfolgend in der Rubrik Blickpunkt berichten.

Studien zur Internetnutzung:

www.mpfs.de  

www.e-politik.de