Nachhaltigkeit 2.0

Draußenlernen, Erlebnisorte an realen Natur- und Kulturstätten schaffen, Menschen ins Freie zu bringen und sie für einen nachhaltigen Umgang mit ihrer Umgebung zu sensibilisieren – auf den ersten Blick scheinen sich soziale Netzwerke und die Ziele der Umweltbildung/Bildung für nachhaltige Entwicklung diametral entgegenzustehen. Dabei ist die virtuelle Welt ein höchst nützliches Werkzeug, um diese Ziele zu erreichen.

Bildung war schon immer auch selbst organisierte, informelle Bildung. Heute findet sie oft in sozialen Netzwerken statt, die auf dem Grundgedanken basieren, Menschen mit ähnlichen Interessen über das Internet zu verbinden und mit diesen online zu kommunizieren. Das gilt sowohl für berufliche Netzwerke wie Xing als auch für private Netzwerke wie Facebook. Der Medienstudie von ARD und ZDF zufolge sind 77,2 Prozent der Deutschen ab 14 Jahren im Internet aktiv. 46 Prozent von ihnen nutzen private Netzwerke, 10 Prozent berufliche Netzwerke. Ein durchschnittlicher Nutzer verbringt 169 Minuten pro Tag im Internet, davon 54 Minuten in seinem Lieblingsnetzwerk. Bei den 14- bis 29-Jährigen sind es sogar 237 Minuten. Für die Umweltbildung/Bildung für nachhaltige Entwicklung ergeben sich daraus Erfolg versprechende Anknüpfungspunkte. Vor allem, da in den Umweltbildungseinrichtungen in den kommenden Jahren ein Generationenwechsel stattfindet. Die Digital Natives, also diejenigen, die mit dem Internet groß geworden sind, rücken in Führungspositionen vor. Eine große Chance, diese Kompetenz in die Bildungs- und PR-Arbeit der BNE einfließen zu lassen.


Bildungswerkzeuge
Beispielsweise in den Bereichen nachhaltige Kleidung und Upcycling findet sich schon jetzt eine Fülle von interessanten Webseiten. Mode ist für junge Erwachsene ein wichtiges Mittel zur Selbstdefinition und Statussymbol. Parolen wie „Kauft weniger“ stoßen ähnlich wie teurere fair produzierte Kleidung auf wenig Resonanz. Plattformen wie Kleiderkreisel.de bieten die Möglichkeit, eigene Kleidung gegen neue einzutauschen und verlangen darüber hinaus kommunikative Kompetenzen. Die Erfahrung, scheinbar wertlose Sachen ressourcenschonend in begehrte Dinge umzutauschen, ist ein erster Schritt hin zum Umdenken in Richtung Nachhaltigkeit, Ressourcenschonung und Abmilderung des Klimawandels.
Die Chancen sozialer Medien rückt „Der Umweltchecker“, eine grüne soziale Plattform für Kinder und Jugendliche, noch mehr in den Mittelpunkt. Sie bietet einen virtuellen Raum, um Bilder oder Videos zu grünen Themen hochzuladen und sich mit anderen auszutauschen. Die Aktivitäten der Seite werden auch außerhalb des Netzes wahrgenommen. So gewann der Film „Hinter jedem Produkt ...,“ der im Februar 2013 bei umweltchecker.de eingestellt wurde, den Jurypreis „kids & youth“ beim Kurzfilm-Contest für den Fairen Handel. Prinzipiell bietet die Veröffentlichung von Aktionen und Ideen auf sozialen Netzwerken die Chance, positiv wahrgenommen zu werden – gerade für anerkennungshungrige junge Erwachsene ein großer Anreiz, sich noch mehr zu engagieren.


Kampagnenwerkzeuge
Organisationen wie Greenpeace und Campact machen es schon lange vor: Soziale Netzwerke sind ein hervorragendes Instrument, um Informationen zu verbreiten und Sympathisanten zu mobilisieren, um in der realen Welt Veränderungen auf den Weg zu bringen. Für eine erfolgreiche Social-Media-Kampagne braucht es das zusätzliche Element einer Aktivität „draußen auf der Straße“, jedoch sind gerade für junge Menschen Online- und Offlinewelt bereits so eng verflochten, dass eine klare Trennung nicht mehr existiert.  Ein Computer, eine Kamera, ein Internetanschluss: Was viele Menschen in der Tasche spazieren tragen, genügt, um an die Weltöffentlichkeit zu treten.


Werbewerkzeuge
Inzwischen ist youtube die zweitgrößte Suchmaschine der Welt. Wer dort einen eigenen Channel hat und sich gut platzieren kann, erreicht mit vergleichsweise geringem Aufwand Tausende von Leuten.Äußerst beliebt sind zurzeit Erklärvideos. Hier könnte eine Bildungseinrichtung beispielsweise Methoden, Spiele oder eine Bauanleitung für ein Insektenhotel vorstellen. Ein gutes Beispiel für den Einsatz von Apps ist der Westentaschenranger. Neben der eigentlichen App erklären Nutzer auf youtube-Videos, was eine App eigentlich ist und wie man sie anwendet. BNE ist bereits relativ gut auf youtube vertreten, für die einzelnen Bildungseinrichtungen bleibt noch viel Handlungsspielraum.
So wichtig soziale Medien sind, um Präsenz zu zeigen, Aufmerksamkeit zu schaffen, Ziele durchzusetzen und den Kontakt mit Gleichgesinnten zu pflegen – sie sind nur ein Werkzeug. Wenn es die engagierten Menschen nicht mehr gibt, die die Webseiten mit Leben füllen, ist das Internet auf einmal nutzlos. Deswegen dürfen auch die 54 Prozent nicht vergessen werden, die derzeit nicht in sozialen Medien aktiv sind – auch wenn sie mittelfristig aussterben werden.


Saskia Helm, Lisa Hübner
ANU Bundesverband
 
www.umweltchecker.netzcheckers.net
DBU-Newsletter 2/2014: Digitale Medien eröffnen neue Wege in die Umweltbildung