UN-Dekade Bildung für nachhaltige Entwicklung - Trotz Erfolg voller Zweifel

Die UN-Dekade BNE hat für die nachhaltige Entwicklung höchste Bedeutung und ihre Umsetzung verläuft äußerst erfolgreich. Dennoch scheint der Glaube an den Erfolg zu fehlen, denn viele Akteure schätzen, dass die gesteckten Ziele nur zum Teil erreicht werden können. Nun soll durch das Thema Stadt im Jahr 2011 neuer Schwung in die Sache kommen.Auf Einladung der Freien und Hansestadt Hamburg fand Anfang November der bundesweite Runde Tisch 2010 der UN-Dekade Bildung für nachhaltige Entwicklung (BNE) statt. Mehr als 120 Experten diskutierten darüber, was bis zum Ende der Dekade 2014 angepackt werden soll. Ein festlicher Senatsempfang im prächtigen Rathaus und eine Exkursion in die neue Hafencity standen ebenfalls auf dem Programm.

Hamburg glänzt als Gastgeber

Christa Goetsch, Zweite Bürgermeisterin Hamburgs und Senatorin der Behörde für Schule und Berufsbildung, hob in ihrer Eröffnungsrede die Bedeutung der UN-Dekade für das Hamburger Leitbild Wachsen mit Weitsicht hervor. Mit der Initiative Hamburg lernt Nachhaltigkeit, der Auszeichnung Hamburgs als UN-Dekadestadt und als europäische Umwelthauptstadt sei man gut aufgestellt. Hamburgs Schulen leisteten Hervorragendes, beispielsweise im Projekt Klimaschutz an Schulen oder in einem neuen Vorhaben, bei dem SchülerInnen ausgediente Geografiekarten zu Taschen und Mousepads weiterverarbeiten und einer neuen Nutzung zuführen.

Großes hat auch die Universität Hamburg vor. Mit ihrem Beitrag „Setting knowledge for a sustainable future“ bewirbt sie sich für die dritte Förderlinie im Exzellenzwettbewerb. Präsident Dieter Lenzen wies auf hervorragende Aktivitäten in Forschung und Lehre hin, darunter den Klima-Campus, das Okavango-Projekt und die Forschungsstelle Nachhaltige Umweltentwicklung. Eine kritische Reflexion soll mehr Wissen über die Lernprozesse an Hochschulen bringen und zu „good university governance“ führen.

Stand und Perspektiven

Zu den Perspektiven der UN-Dekade äußerte sich Thomas Greiner vom Bundesministerium für Bildung und Forschung. Angesichts der aktuellen Herausforderungen müsse BNE jeden einzelnen Menschen erreichen. Oliver Laboulle von der Unesco-Zentrale in Paris sah die Notwendigkeit, über die formale Bildung hinaus verstärkt Wirtschaft und Verbände einzubeziehen. Zugleich machte er klar, dass eine Fortführung der Dekade über 2014 hinaus nicht wahrscheinlich ist.

Gerhard de Haan, Professor für Umweltbildung an der Freien Universität Berlin, verwies auf die bisher geleistete Arbeit: Über 430 Veranstaltungen fanden dieses Jahr im Rahmen der UN-Dekade-Tage statt. Es gibt inzwischen weit über 1.000 offizielle Dekade-Projekte in Deutschland. Gemeinschaftsaktionen wie die „Ideen Initiative Zukunft“ mit dem Drogeriemarkt dm oder der Aufruf mit der Karl-Kübel-Stiftung zum Wettbewerb „Macht uns stark – Familien lernen Zukunft“ zeigten, dass die UN-Dekade auch für große Organisationen interessant sei.

De Haan stellte die Ergebnisse einer Delphi-Befragung von BNE-Experten vor. Dabei wird das Ergebnis in einer zweiten Runde nochmals rückgespiegelt. Gefragt wurde beispielsweise, wie BNE strukturell verankert werden könnte. In der Rangliste der Antworten steht die Gewinnung wichtiger Bildungsakteure ganz oben – vor der Verankerung in Grundsatzpapieren und der Verknüpfung mit der aktuellen bildungspolitischen Debatte. Doch insgsamt glauben die Experten, dass diese Ziele bis zum Ende der Dekade im Jahr 2014 nur zu rund 30 Prozent erreichbar sein werden. Sie schlagen vor, weitere Fachtagungen durchzuführen und insbesondere junge Menschen anzusprechen, beispielsweise durch eine Kampagne mit klarer Botschaft. Daneben sollten die Kooperation auf internationaler Ebene und die Zusammenarbeit mit Wirtschaft und Kommunen verbessert werden.

Nachhaltigkeit in Kunst und Kultur

Ein Blick über den Bildungs-Tellerrand ist also nötig. Vorgestellt wurde daher ein spannendes Initiativprojekt zur Nachhaltigkeit, das derzeit von der Kulturstiftung des Bundes mit rund 3,5 Millionen Euro gefördert wird. Es besteht aus mehreren Teilvorhaben, darunter einer Ausschreibung für Kunstprojekte zur Nachhaltigkeit und einer Weiterbildung von 18 KünstlerInnen, die mit Schulen arbeiten sollen. Im August 2011 ist ein „No-Fly“-Festival in Berlin geplant, zu dem ein ökologischer Fußabdruck erstellt und das komplette Catering über ein Kunstprojekt „Vorratssommer“ eingeworben werden soll.

Stadt als Jahresthema

In vier parallelen Workshops befassten sich die Teilnehmenden mit Perspektiven und möglichen Planungen zur Umsetzung des Themas Stadt im kommenden Jahr. Kommunen unterliegen einem ständigen Innovationsdruck, dem sie nur begegnen können, wenn sie über entsprechende Aktivitäten und Netzwerke zur BNE verfügen. Die Rahmenbedingungen untersucht demnächst ein Projekt in fünf ausgewählten Dekade-Städten. Doch alle Netzwerke unterliegen einem Lebenszyklus. Ihre Entstehung und Entwicklung darf nicht dem Zufall überlassen werden. Sie müssen optimiert werden und zugleich an den Rändern neue Akteure gewinnen, wobei Kultur und geselliges Beisammensein wichtig sind. Gelingt dies, profitieren Kommunen durch BNE-Netzwerke, die als gesellschaftliche Seismografen mit Integrationswirkung wirken.

In der Schlussdiskussion des Runden Tisches wurden viele weitere Ideen und Anregungen für das kommende Jahr gesammelt. Insgesamt zeigte sich, dass BNE offensichtlich ausgezeichnete Beiträge zur kommunalen Nachhaltigkeitsdiskussion leisten kann – beispielsweise in den Bereichen Beschaffungswesen, Bürgerbeteiligung, europäischer Dialog oder kommunale Leitbilddiskussion. Daher gilt es, entschiedener aufzutreten und feste Strukturen für BNE in Bund, Ländern und Kommunen zu fordern und zu verankern.

[Jürgen Forkel-Schubert]

www.kurzlink.de/dekade-rundertisch
www.ueber-lebenskunst.org
www.hamburg.de/nachaltigkeitlernen