Deutschland: Auf den Weg zu einer nachhaltigen Entwicklung?

Das Thema "Agenda 21" boomt! Es gibt kaum ein Konzept, das keine "zukunftsfähigen" Ansätze enthält - kaum einen Antrag an eine Stiftung, der nicht "nachhaltige" Ziele verfolgt. Doch ändert man allein durch den Gebrauch solcher häufig kaum definierten Wörter (um nicht Worthülsen zu sagen) etwas? Zum Beispiel im Alltag der Menschen? Oder gar in unserer Gesellschaft? Die Bundesregierung hat im Februar dieses Jahres eine Zwischenbilanz der bisherigen Aktivitäten zur "Agenda 21" veröffentlicht: "Auf dem Weg zu einer nachhaltigen Entwicklung" lautet der Titel der Broschüre. Sie soll nicht nur Strategien für einzelne Handlungsfelder vorstellen, sondern fordert vielmehr "Schritte zu einer nachhaltigen, umweltgerechten Entwicklung", die darauf abzielen, "den Anspruch der Nachhaltigkeit in der Gesellschaft insgesamt zu verankern". Selbstverständlich werden bei der "Verwirklichung einer nachhaltigen, umweltgerechten Lebens- und Wirtschaftsweise... zukunftssichere Arbeitsplätze" geschaffen.

Tatsächlich waren 1994 rund 956.000 Beschäftigte im Umweltschutz tätig, das sind ca. 2,7% aller Erwerbstätigen und etwa so viele wie in der Automobilbranche. Interessant ist der Bericht durchaus, auch wenn er schönigt, z.B. wird bei den CO2-Emmissionen der Wert für Deutschland von 1994 angegeben, für eine Zeit des wirtschaftlichen Zusammenbruchs im Osten also, während 1996 die Werte bereits wieder gestiegen sind. Auf 90 Seiten finden sich von A bis Z die Essentials eines christdemokratischen Verständnisses von Nachhaltigkeit in Deutschland, von Abfall und Agenda 21 über Expo 2000, Greening the Government und dem NATO-Umweltausschuß bis zur Selbstverpflichtungserklärung der Wirtschaft und dem Wissenschaftlichen Beirat Globale Umweltveränderungen (WBGU). Selbstverständlich ist auch das Thema Umweltbildung/Umwelterziehung aufgeführt. Auf immerhin etwas mehr als einer Seite wird die Notwendigkeit der Ablösung der "bisherigen, an der Naturpädagogik und rein naturwissenschaftlich-technischen Fragen orientierten Konzepte" durch ein "Leitbild der nachhaltigen Entwicklung" dargelegt. Deutlicher Hinweis: "Die Vermittlung muß sich an den Geboten der Sachlichkeit orientieren!"

Interessant ist auch: Ein "Gesamtkonzept Umweltbildung" wurde angeblich in die Bund-Länder-Kommission für Bildungsplanung und Forschungsförderung eingebracht. Hierauf können wir gespannt sein. Von 1 Milliarde DM, die jährlich für Umweltforschung und die Entwicklung von Umwelttechniken aufgebracht werden, entfallen 400 Mio DM auf direkte Projektförderung, 400 Mio DM auf die außeruniversitären Forschungseinrichtungen und 200 Mio DM auf die Ressortforschung im Umweltbereich der Ministerien für Umwelt, Verkehr und Wirtschaft. Das neue Umweltforschungsprogramm der Bundesregierung konzentriert sich inhaltlich auf drei prioritäre Themenfelder: zukunftsverträgliche Gestaltung der Umwelt, nachhaltiges Wirtschaften und Umweltbildung!!! Hierbei gilt es, "Handlungsmöglichkeiten und Wege zur nachhaltigen Nutzung der Umwelt durch Wirtschaft und Gesellschaft" aufzuzeigen, aussichtsreiche Wege mit Anwendern zu erproben und national wie international verfügbar zu machen. Entsprechend wichtig ist der Bundesregierung die "Entwicklung nachhaltiger Lebensstile", wobei der "Prozeß der Umsetzung von Bewußtsein in entsprechendes Verhalten...sich erst in seinen Anfängen" befindet. Neben "materiellen Anreizen" müsse die "Stärkung der Umweltethik" ein vorrangiges Bildungsziel sein. Für junge Menschen wird zudem die Bedeutung des "Freiwilligen Ökologischen Jahres" betont. Offensichtlich meint es die Bundesregierung ernst mit der Nachhaltigkeit, wenn sie auch offen läßt, was genau das eigentlich ist. Wenn viele das gleiche sagen, ist es deshalb immer noch nicht dasselbe. Dennoch bietet die Broschüre eine gute Zusammenfassung, mit der es sich arbeiten läßt.

(Kostenloser Bezug: BMU, Postfach 120629, 53048 Bonn)