Der Bestand vieler Insektenarten ist gefährdet oder gar vom Aussterben bedroht. Die Ursachen sind vielfältig und die Suche nach Nahrung, Unterschlupf und Nistplätzen wird für Insekten zur Herausforderung (1). Der Insektenschwund frustriert, aber das Potential, selbst etwas zum Schutz und zum Erhalt der Artenvielfalt von Insekten zu tun, ist überraschend groß. Zudem bieten insbesondere Gärten im Siedlungsraum die Möglichkeit, vernetzte Lebensräume zu schaffen (2). Vor diesem Hintergrund schafft das Projekt INsektenSchutzAkademie NSA- Insektenschutz im eigenen Garten auf beispielhafte Weise ein Bewusstsein für die Bedeutung der Biologischen Vielfalt (3).
Insektenschwund
Der Rückgang in der Biomasse der Insekten ist durch die „Krefelder Studie“ (2017) vielen erst bewusst geworden (4). Leider stützen auch die Daten aus den Roten Listen des Bundesamtes für Naturschutz die Beobachtung, die viele von uns im eigenen Garten bereits gemacht haben: Die Insekten gehen sowohl in der Masse als auch in der Anzahl der Arten, die wir auffinden können, zurück. Die Roten Listen werden seit den 70er Jahren veröffentlicht und untersuchen das Vorkommen tausender Insektenarten. Sie fühlen am Puls der Artenvielfalt und machen eine Inventur der Arten. Mit ihnen werden die Häufigkeit, die Verbreitungsräume und die Gefährdungssituation erfasst und dargestellt (5).
Insektenvielfalt
Mit insgesamt 33.000 Arten bilden die Insekten 70 % aller Tierarten, die bei uns in Deutschland vorkommen.
In Niedersachsen kommen sie in 20 Ordnungen vor, u.a. 5.000 Käferarten, 68 Libellenarten und 53 Heuschreckenarten. In der Ordnung der Hautflügler – zu ihnen gehören auch Wespen und Ameisen – sind die Wildbienen mit aktuell ca. 560 Arten vertreten (6).
So vielfaltig die Insektenarten sind, so vielfältig ist auch ihre Funktion in den Ökosystemen. Sie sind Nahrung für Vögel, zersetzen Biomaterial und tragen so zum Stoffkreislauf bei, sie ernähren sich u.a. von anderen Insekten, Spinnen, Pollen und Nektar. Beim Blütenbesuch erledigen sie en passant die Bestäubung der Wild- und Kulturpflanzen und tragen so zum Erhalt der Biologischen Vielfalt bei. Bei uns sorgen sie in unseren Gärten für Blütenvielfalt und letztlich für Früchte und Gemüse (7).
Die Bestäubungsleistung der Honigbiene, ihrer wilden Verwandten der Wildbienen, der Schwebfliegen, Käfer und Falter ist enorm. Allein für Deutschland wird der ökonomische Nutzen auf 2 Mrd. Euro geschätzt (8).
BNE und Insektenschutz
Der Insektenschwund frustriert, aber das Potential, im eigenen Umfeld dem Verlust an Blüten- und Strukturvielfalt entgegenzuwirken ist vorhanden.
Ein Transformationsprozess hin zu einer nachhaltigen Lebensweise kann nur beginnen, wenn Menschen in die Lage versetzt werden, nachhaltig zu denken und zu handeln.
Hierzu werden sowohl Erwachsene als auch Schülerinnen und Schüler für den Insektenschutz, den Erhalt der Artenvielfalt, die Rolle der Insekten und deren Nutzen für die Umwelt sowie den Menschen sensibilisiert.
Im Fokus des Projekts INsektenSchutzAkademie INSA steht hierbei insbesondere die zielgruppengerechte Vermittlung der Bedeutung der biologischen Vielfalt und die Vermittlung von Hintergrundwissen zum Insektenschutz im persönlichen Handlungsumfeld.
Neben den handlungs- und erlebnisorientierten Bildungsangeboten kommen zweimal im Jahr unterschiedliche Akteur*innen mit dem Ziel, sich zum Thema Insektenschutz auszutauschen, zu vernetzen und mit ihrem jeweiligen Expertenwissen das Projekt fachlich zu beraten und zu unterstützen, zusammen.
Maßnahmen im eigenen Garten
Im eigenen Garten kann man Schutzmaßnahmen in der Landschaft nicht ersetzen. Dennoch können Gärten unmittelbar zum Artenschutz dieser wichtigen Tiergruppe beitragen und darüber hinaus als Trittstein für die Ausbreitung in die umliegende Landschaft sorgen (2).
Neben heimischen Pflanzen und Gehölzen bieten strukturreiche Lebensräume Nahrung, Schutz sowie Überwinterungsmöglichkeit und tragen so zur Steigerung der Artenvielfalt bei.
Strukturvielfalt kann auch im Kleinen geschaffen werden: Elemente aus Totholz, Sandbeete, Lesesteinhaufen und Trockenmauern bilden ein Refugium für Insekten.
Ein durchgehendes Angebot nektar- und pollenreicher Pflanzen von Februar bis Oktober, bietet eine Nahrungsquelle für die Bestäuber und verbessert Lebensbedingungen von Insekten.
Einen besonderen Beitrag zum Erhalt und für die Förderung der Biologischen Vielfalt – insbesondere zum Erhalt der genetischen Vielfalt – leisten heimische Pflanzen und Regiosaatgut (9). Bei den Stauden bietet sich eine große Vielfalt heimischer Pflanzen an. Heimische Pflanzen sind nicht nur ein schöner Trend. Unsere Insekten sind an diese angepasst und es gibt einige Spezialisten unter ihnen, die als Raupe oder beim Blütenbesuch von ihnen abhängig sind.
Königskerzen und andere markhaltige Stängel im Garten (Holunder, Brombeere) sind Nistplatz für kleine Bienen. Abgeschnittene Stängel kann man im Frühjahr an einen Zaun binden oder auf eine Totholzhecke legen. Wenn es etwas „aufgeräumter“ sein soll, ist ein großer Blumentopf, in den man die Stängel stellt, eine Alternative. Darin nistende Wildbienen haben eine Chance, im Folgejahr erfolgreich zu schlüpfen.
Sträucher und Bäume sind die wilden Frühblüher in der Landschaft! Eine Hecke aus heimischen Gehölzen bringt Vielfalt, auch in den Garten. Sie bietet nicht nur Insekten, sondern auch Vögeln Nahrung und Schutz. Als Gehölzarten sind die Salweide, Schlehe, und Weißdorn im Frühjahr für Wildbienen besonders attraktiv und eine wichtige Nahrungsquelle. Die folgenden beeindruckenden Zahlen in den Klammern geben die Anzahl der Insekten an, die an den Gehölzen knabbern oder ihre Blüten besuchen und verdeutlichen, wie wichtig Gehölze sind: Weide (213), Weißdorn (163), Schlehe (137), Hartriegel (32), Efeu (europaweit 300 phytophage Insekten) (10).
Heimische Pflanzen sind an unser Klima angepasst: Sie brauchen also weder Dünger noch Pflanzenschutzmittel. Geschnittene Zweige und Äste können zu einer Totholzhecke verarbeitet werden, die wertvollen Lebensraum schafft – ein Paradies für Insekten!
Das Projekt INsektenSchutzAkademie INSA – Insektenschutz im eigenen Garten, (08/2020 – 01/2025) wird vom Bundesamt für Naturschutz (BfN) mit Mitteln des Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz, nukleare Sicherheit und Verbraucherschutz, der Niedersächsischen Bingo-Umweltstiftung und der Gemeinde Ganderkesee gefördert.
Autorinnen und Kontakt:
Sandra Bischoff und Katharina Warmuth
Mail: insaruzhollende
Quellen:
1 BMUV. (2022). Insektenschutz. www.bmuv.de/insektenschutz
2 Zurbuchen, A., & et al. (2012). Wildbienenschutz - von der Wissenschaft zur Praxis. Haupt Verlag.
3 Bundesamt für Naturschutz. (2022). Biologische Vielfalt. www.bfn.de/thema/biologische-vielfalt.
4 Hallmann CA, S. M. (2017). More than 75 percent decline over 27 years in total flying insect biomass in protected areas. Von PLoS ONE 12(10): e0185809.: https://doi.org/10.1371/journal.pone.0185809
5 BMUV. (2024). Rote Listen. www.bmuv.de/themen/artenschutz/nationaler-artenschutz/rote-listen
6 NLWKN. (03 2020). Insektenvielfalt in Niedersachsen – und was wir dafür tun können. www.nlwkn.niedersachsen.de/insektenvielfalt
7 Bundesamt für Naturschutz. (2022). Insektenrückgang Daten Fakten und Handlungsbedarf. www.bfn.de/insektenrueckgang
8 BMEL. (2022). Fact Sheet - Aktion „Bienen füttern“. www.bmel.de/DE/themen/landwirtschaft/artenvielfalt/bienen-fuettern/bienen-fuettern_node.html
9 Jedicke, E., & et al. (2022). Gebietseigenes Saatgut – Chance oder Risiko. Naturschutz und Landschaftsplanung 54, S. 12-21. www.researchgate.net/publication/359547043_Gebietseigenes_Saatgut_-_Chance_oder_Risiko_fur_den_Biodiversitatsschutz_Ein_Thesenpapier_zur_Umsetzung_des_40_BNatSchG
10 Westphal, U. (2015). Hecken – Lebensräume in Garten und Landschaft. Ökologie, Artenvielfalt, Praxis. pala Verlag GmbH