Was tun wenn´s brennt? Herausforderungen im Naturschutz 2015+

Magnus J.K. Wessel, Leiter Naturschutzpolitik BUND

Präsentation

Zusammenfassung

Magnus J.K. Wessel stellte fest, dass es trotz ambitionierter Zielsetzungen der NBS oder auch der EU bislang nicht gelungen sei, den Rückgang von Tier- und Pflanzenarten und deren Lebensräumen, wie z. B. in intensiv landwirtschaftlich genutzten Regionen, Auenlandschaften, oder artenreichen tropischen Regenwäldern, zu stoppen. Wie alarmierend die Fakten sind, zeigte er mit dem Blick auf die globalen Grenzen des Wachstums und mit aktuellen Daten aus dem Bericht zur Lage der Natur in Deutschland 2014. 70 % der dort bewerteten Lebensräume und 59 % der bewerteten Arten entwickeln sich demnach ungünstig-schlecht oder ungünstig-unzureichend. Zwar kehrten einige prominente Arten zurück und es gäbe viele lokale Erfolge, dafür gingen Allerweltsarten zurück und die Verar-mung in der Fläche nahm weiter zu, berichtete Magnus J.K. Wessel. Als Ursache benannte er die zurzeit auf Mengen-Wachstum ausgerichtete Wirtschaftsweise. Sie gehe mit übermäßigem Flächenverbrauch, industrieller Bewirtschaftung durch Land-, Forst- oder Fischereiwirtschaft und mit Belastungen durch Stickstoff und Gifte einher. Gesamtgesellschaftliches Umsteuern sei gefragt. Der Naturschutz als Akteur hat – so die Analyse Wessels – dabei vor allem ein Umsetzungsproblem, verbunden mit einem eklatanten Personalmangel in Naturschutzabteilungen der Behörden. Die Finanzrealität passe zudem nicht zu den politischen Zielsetzungen, falls diese ernst gemeint seien.

Anhand einer vergleichenden Länderanalyse von BUND und NABU zeigte Magnus J.K. Wessel, wie Naturschutzpolitik auf der Umsetzungsebene der Bundesländer nur unzureichend in konkrete Maßnahmen münde. In keinem von dreizehn untersuchten Bundesländern werden laut der Analyseergebnisse Tiere, Pflanzen und Lebensräume so geschützt, dass der Verlust der Artenvielfalt in Deutschland bis 2020 gestoppt und gefährdete Lebensräume wieder hergestellt werden können. In 10 von 13 Bundesländern wurden der Studie zufolge weniger als ein Drittel der Naturschutzziele erreicht. Großen Flächenländern fehle immer noch eine Strategie und verbreitet fehle es an Angaben zu Finanzbedarf und Umsetzungsplänen, an Verbindlichkeiten und Ressortabstimmungen, so Wessel. Um eine Wende zu erreichen, müssten eine Investitionsoffensive gestartet, erfolgreiche Modellprojekte auf die gesamte Landesfläche ausgedehnt und ambitionierte Ziele gesetzt werden, schlussfolgerte der Experte des BUND. Freiwillige und ordnungsrechtliche Maßnahmen seien zum Erfolg unerlässlich.

Aufgrund der Faktenlage falle es einigen Akteuren im Naturschutz schwer, die Langwierigkeit gesellschaftlicher bzw. politischer Aushandlungsprozesse zu akzeptieren. Da diese aber Teil des demokratischen Staates und ohne für den BUND akzeptable Alternative sei, ist auch für Wessel der Stellenwert der Bildung nicht zu unterschätzen. Im Hinblick auf die gesellschaftliche Stärkung von Naturschutz und die Aufgaben der Bildungsakteure legte Magnus J.K. Wessel Wert auf politische Kommunikation und politisches Handeln. Dabei sei zu berücksichtigen, dass Veränderungen nicht nur aufgrund von Fakten allein angestoßen würden, sondern dass es auch um Machtfragen gehe. Dies gelte umso mehr, da die Bindung politischer Entscheidungen an wissenschaftliche Erkenntnisse oftmals als schwach und wenig dem Vorsorgeprinzip folgend wahrgenommen würde. Die daraus resultierenden Mechanismen offen zu legen und den Umgang mit ihnen zum Wohl ökologisch nachhaltiger Entwicklung zu lehren, sieht er als wichtigen Teil der zukünftigen Arbeit der BNE an. Veränderungen bräuchten oft den Druck von der Straße, etwa durch Demonstrationen. Aktuelle Entwicklungen, auf Ebene der EU von Wirtschaftskrise und Anti-EU-Stimmung geprägt, ließen einen Rückfall zu niedrigeren Umweltstandards befürchten und sollten kritisch und öffentlich kommentiert werden. Auch die Zielgruppen der ParlamentarierInnen und NachwuchspolitikerInnen solle einbezogen werden, zum Beispiel durch Angebote, die positive Anschauung von biologischer Vielfalt im Gelände bieten und praktische Konsequenzen politischer Entscheidungen aufzeigen.

 

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