AG 1 Naturbildung in Spannungsfeld von Schützen und Nutzen

In den Impulsbeiträgen wurde gezeigt, wie pädagogische Projekte ausgehend von Lebensräumen oder Arten verschiedene Konfliktsituationen aufgreifen und systemisches Denken fördern.

Präsentationen

Planspiel_Tatort_Wald_Anke_Valentin_WILA_Bonn.pdf

1.8 M

Fokus_biologische_Vielfalt_Beate_Hankemeier_NAJU.pdf

1.5 M

Waldscout_Berthold_Langenhorst_NAJU.pdf

4.2 M

Zusammenfassung

Zu Beginn stellt Anke Valentin vom Wissenschaftsladen Bonn (WILA) das Planspiel „Tatort Wald“ vor. In drei verschiedenen Szenarien können Jugendliche den „Tatort Wald“ erleben und dabei Nutzungskonflikte spielerisch kennen lernen. Im Szenario „Nachhaltige Waldwirtschaft“ wird gefragt, was man mit einem Waldstück macht, das durch einen Sturm „gerodet“ wurde: Lässt man der Natur ihren Lauf, legt man ein Tiergehege an, baut man einen Freizeitpark? In einem weiteren Szenario „Aktiv im Wald“ geht es darum, einen Fall zu bewerten, bei dem eine Gruppe ein Zentrum für Geocaching im Wald errichten will. Überwiegt die Freude, weil sich viele Menschen dadurch im Wald und in der Natur bewegen oder die Sorge, dass Horden von Geocachern unberührte Naturräume zerstören? In verteilten Rollen als Vertreter von Wirtschaftsverbänden, Verwaltung, Naturschutzgruppen oder Freizeitgruppen diskutieren Jugendliche ab 15 Jahren diese Konflikte, um darin auch ihre eigene Position zu finden. Anke Valentin erläuterte, dass über das eigentliche Rollenspiel hinaus, bewusst auch die Sinne der Jugendlichen angesprochen werden. So vermessen die SchülerInnen im Wald Bäume, um deren Wert zu ermitteln, untersuchen den Waldboden auf seine Bestandteile, lauschen der Vielzahl von Geräuschen, suchen Müll und vieles mehr. Unterlagen zum Planspiel sind beim WILA unter www.wila-planspiele.de erhältlich.

Es folgte ein Impuls zum Projekt „Fokus Biologische Vielfalt – Von der Naturerfahrung zur Politischen Bildung. NAJU-Referentin Beate Hankemeier stellte anhand der Beispielarten Biber und Rotmilan die Zwischenergebnisse vor und zeigte, wie Kinder entlang dieser Arten die Dimensionen von Nachhaltigkeit kennenlernen. Die Projektinhalte griffen Konfliktthemen auf und betrachteten sie kontrovers, ohne Stereotypen zu bemühen. Die jungen Menschen seien aufgefordert, sich eine eigene Meinung zu bilden, ohne die Ansprüche und Forderungen anderer aus den Augen zu verlieren – damit sie lernen, ihre eigenen Leitbilder und die anderer zu reflektieren. Für die Sekundarstufe I hat die NAJU ein Rollenspiel zum Thema Windkraft vs. Vogelschutz entwickelt. Die in Deutschland häufig vorkommende Schlüsselart Rotmilan ist besonders von Vogelschlag an Windrädern betroffen und bietet so ein Fallbeispiel für einen konkreten Konflikt: Was ist wichtiger – das Voranbringen der erneuerbaren Energien oder der flächendeckende Artenschutz? Zu den insgesamt zehn Beispielen werden derzeit Materialien entwickelt und demnächst veröffentlicht. In der Grundschule würde zum Thema Biber die faszinierenden Bauleistungen beim Biberdamm behandelt und anschließend in Gruppen vier Aspekte rund um den Biber bearbeitet: Wegbereiter für Biologische Vielfalt, Leistung des Bibers in den Flussauen und Auenschutz sowie der Streit zwischen Mensch und Biber.

Aus dem Projekt „Waldscout – Wildnisexpedition berichtete Berthold Langenhorst von der NAJU Hessen. Er hat die Erfahrungen aus Projektwochen der Jugendburg Hessenstein ausgewertet, deren Höhepunkt ein 24-stündiger Aufenthalt in einem Biwak Camp im verwildernden Nationalpark Kellerwald-Edersee bildet. Die Ausstattung der Tour bestehe aus äußerst einfachen Hilfsmitteln. Gemäß dem Nationalpark-Motto "Natur Natur sein lassen" gehe es darum, so wenig Spuren wie möglich zu hinterlassen. Beim Rucksackpacken, Bauen von Outdoor-Toiletten und Übernachten im Biwak, bei Beobachtungen, Spielen oder auch beim therapeutischen Nichtstun lernten Kinder viel über eigene Bedürfnise und Fähigkeiten, berichtete Berthold Langenhorst. Die ausführliche Evaluation „Wirkt Wildnis?“ zeige, dass es durch die Wildnisexpedition noch mehr als bei anderen Naturerlebnis-Klassenfahrten gelingen kann, das Nachdenken über den eigenen Lebensstil im Alltag zu fördern. Bedingung sei, dass der Lebensstil Teil des Kurskonzeptes ist und thematisch fokussiert wird.

In der anschließenden Diskussion trug die AG als Beispiele für Spannungsfelder als Thema von Bildungsangeboten zusammen: genannt wurden Hochwasser- und Auenschutz, Ausschluss des Menschen aus Naturschutzgebieten wie Sandgruben und Steinbrüchen, Biogasanlagen, Naturnahe Landwirtschaft und Erhaltung alter Sorten und Naturnutzung durch Freizeitaktivitäten. Wichtige, für die Bildung bedeutende NBS-Themen, seien außerdem Bioprospektion, Kulturfolger wie der Fuchs in der Stadt, das Spannungsfeld Umweltschutz vs. Naturschutz und verschiedene Entwicklungsformen von Stadtnatur z.B. Garten oder neu entstehende „Wildnis“.

Umweltbildungseinrichtungen haben ein Methodenspektrum entwickelt, um für die BNE Dilemmasituationen aufzugreifen und Bewertungskompetenz zu fördern. Als Methoden, um Zielkonflikte herauszuarbeiten, wurden Plan- und Rollenspiele, Philosophieren, Bedürfnisanalysen oder Traumreisen genannt. Auch für Bildungsangebote in der Wildnis liegen Methoden und Organisationsmodelle vor. Wichtig seien noch Spiele und Exkursionen in Naturbereiche und die Anpassung der Methoden an naturferne oder naturnahe Zielgruppen. Wichtige Aspekte politischer Bildung in den Jugendverbänden seinen zudem das Bilden strategischer Mehrheiten zwischen Vereinen und die öffentliche politische Arbeit. Hierzu werde etwa die Ansprache anderer durch Unterschriftenlisten oder Petitionen als Thema in die pädagogische Arbeit integriert.

Mit Blick auf den Stand von sogenannten Lernlandschaften, also der Vernetzung der Bildungsinstitutionen auf lokaler Ebene, sei es vielen Anbietern bereits gelungen, eine Vertrauensbasis bei weiteren lokalen Akteuren sowie Partnerschaften mit ihnen aufzubauen. Auch die Moderationserfahrung der BNE-Akteure sein für andere Netzwerkpartner nutzbar.

Die AG gab zum Abschluss folgende Empfehlungen für die Umsetzung des Weltaktionsprogramms im Bereich „Kommune“:

  • BNE benötigt Flächen in der Natur – sowohl solche, die langfristig zur Verfügung stehen, als auch Flächen, für die kurzfristiger Bedarf entstehen. Darin soll es möglich sich an der Gestaltung und Nutzung von Kulturlandschaft zu beteiligen und dabei ihre Biodiversität wertschätzen zu lernen.
  • Wertvolle Naturflächen sollen unter Abwägung von Kosten/Nutzen gezielt für Menschen geöffnet werden. Dort wo NSG-Betretungsverbote bestehen werden, benötigen Kommunikationsstrategien benötigt, insbesondere im stadtnahen Bereich,
  • Vorliegende Modelle für BNE in der Wildnis sollen auch auf andere Orten übertragen und weiterentwickelt werden.
  • Fachressortübergreifend denken und alle Dimensionen( Ökologie, Ökonomie etc. ) verknüpfen.Positive Erfahrungen in der Zusammenarbeit von „Kontrahenten“ wertschätzen und weiter einüben.
  • Flächendeckende Abdeckung mit umweltpädagogischen Angeboten.