Birgitt Fitschen

Liebe Birgitt, du kennst die ANU sozusagen von klein auf, sowohl aus der Perspektive des Bundessprecherrats (seit vielen Jahren als stellvertretende Vorsitzende), als auch des Landesverbands Hamburg / Schleswig-Holstein. Wir freuen uns, mit dir einen Blick zurück auf die letzten Jahre zu werfen. 

1. Viele Menschen erleben im Alter zwischen 20 und 30 eine regelrechte Rushhour des Lebens, in der sich vieles ändert, wichtige Entscheidungen getroffen werden und immer mehr Verantwortung auf einen zukommt. Mit welchen drei Adjektiven würdest du die 3. Dekade der ANU umschreiben?

Ja, ich glaube auch bei der ANU hat es im 3. Jahrzehnt eine Art Rushhour gegeben und es mussten viele Entscheidungen getroffen werden. Die ANU ist größer geworden und das bedeutet auch für einen Verband, mehr Verantwortung zu tragen.

Als Adjektive für die ANU fallen mir ein:

dynamisch: Die ANU ist zwischen 2010 und 2020 auf über 1000 Mitglieder angewachsen und es wurden und werden viele neue und z.T. sehr große Projekte umgesetzt.

Die Dynamik der ANU macht auch aus, dass gesellschaftliche Entwicklungen aufgegriffen, diskutiert und im Rahmen von Projekten bearbeitet werden.  

diskussionsfreudig und kommunikativ: Gerade in diesem Zeitraum gab es viel Diskussionsbedarf: Wie geht die ANU mit strukturellen Änderungen wie der steigenden Zahl an freiberuflichen Mitgliedern um? Wo gibt es Grenzen beim Sponsoring von Projekten?… Aus meiner Sicht ist die große Stärke der ANU, dass solche Diskussionen trotz oft unterschiedlicher Perspektiven stets auf Augenhöhe und sehr konstruktiv stattfinden. Zentral war und ist dabei gute Lösungen für die ANU zu finden, aber insbesondere auch für die Stärkung der Bildung im Sinne von Natur und Umwelt sowie nachhaltiger Entwicklung. Eine gute Vernetzung und Kommunikation zwischen dem Bundesverband, den Ländern und den einzelnen Mitgliedern ist dabei unerlässlich.

verantwortungsvoll: Die ANU hat sich immer weiter zur Ansprechpartnerin für Politik und Verwaltung entwickelt. In verschiedenen Gremien und Arbeitsgruppen setzt sie sich für wichtige Themen wie z.B. die Bildung für nachhaltige Entwicklung (BNE) ein - Aufgaben, die sie sehr verantwortungsvoll übernimmt.

2. Welche konkreten Projekte und Aktivitäten haben die Arbeit der ANU in den Jahren von 2010 bis heute geprägt?

Den Anfang des Jahrzehnts hat mit Sicherheit das Projekt „Leuchtpol - Energie und Umwelt neu erleben"“ sehr stark geprägt. Nach dem Start 2009 war es auch während der folgenden Jahre eine große Herausforderung, solch ein riesiges bundesweites Projekt mit acht Regionalbüros verantwortlich zu begleiten. Inhaltlich hat das Projekt viel dazu beigetragen, Umweltbildung und BNE in die pädagogische Arbeit im frühkindlichen Alter einzubringen. Mit Fortbildungen für 4000 Pädagog*innen, neuen Materialien und guten Praxisbeispielen wurde Pionierarbeit geleistet und BNE in Kitas fest verankert. Auf der anderen Seite haben natürlich die kritischen Diskussionen über die Zusammenarbeit mit einem nicht unumstrittenen Sponsor viel Kraft gekostet . Auch die finanzielle und personelle Abwicklung ist für die ANU nicht immer einfach gewesen. Leuchtpol hat aber auch Mut gemacht, sich große Projekte zuzutrauen. Auf diese Weise konnte 2016 ein weiteres sehr großes und vor allem kurzfristiges Projekt im Auftrag des BAMF umgesetzt werden. Es wurden praxisnahe „Ressourcentage“ zu den Themen Wasser, Energie und Abfall konzipiert und bundesweit in Asylunterkünften durchgeführt. 

3. Wie sah die politische Arbeit im Bereich der Umweltbildung aus? Welche wichtigen Entwicklungen gab es, welche Erfolge oder auch Rückschläge?

Das Jahrzehnt von 2010-2020 war von zwei UN Dekaden geprägt:

Erstens von der UN Dekade BNE von 2005-2014, die ab 2015 unter dem Motto „Vom Projekt zur Struktur“ in das Weltaktionsprogramm BNE überging. Die weltweite Bedeutung von BNE ist dadurch gestiegen. Von Anfang an war die ANU sowohl in der Nationalen Plattform als auch in verschiedenen bundesweiten Netzwerken und Arbeitsgruppen vertreten.

Zweitens haben die Vereinten Nationen die Jahre 2011 bis 2020 zur UN-Dekade für biologische Vielfalt erklärt. Auch dort spielt Bildung eine wichtige Rolle und die ANU ist in verschiedenen Gremien vertreten.

Diese politische Arbeit ist eine wichtige und interessante Möglichkeit, Bildungsarbeit mit zu gestalten und zudem die ANU Mitglieder, die alle in diesem Bereich tätig sind, zu vertreten. Jedoch ist diese Gremienarbeit in erster Linie ehrenamtlich. Auch wenn wir uns freuen, als anerkannter Fachverband oft angefragt zu werden, müssen wir oft abwägen, was ehrenamtlich möglich ist. Eine projektunabhängige Geschäftsstelle wäre dafür wünschenswert, ist aber leider kaum finanzierbar.

Ich bin schon seit über 25 Jahren Mitglied in der ANU, auch schon fast so lange im Bundessprecherrat und habe viele bundesweite Projekte mit begleitet. Außerdem habe ich den Landesverband in Schleswig-Holstein mit gegründet, der sich inzwischen mit dem Landesverband in Hamburg zusammengeschlossen hat.

Als Biologin bin ich über mein Interesse an der Natur und am Umweltschutz zur Umweltbildung gekommen, anfangs als Tierparkpädagogin. Inzwischen leite ich hauptamtlich das Freiwillige Ökologische Jahr beim Träger Koppelsberg in der Nordkirche.