Dr. Christa Henze, Universität Duisburg-Essen
Zusammenfassung
Dr. Christa Henze ging eingangs auf den Globalen Wandel und seine spezifischen Kennzeichen ein. Zunehmende Verflechtung weltweiter Umweltveränderungen, ökonomische Globalisierung, weltweiter kultureller Wandel, Nord-Süd- und West-Ost-Gefälle sowie wachsende Disparitäten innerhalb von Ländern, Verlust biologischer Vielfalt, Bodendegradation, Bevölkerungsentwicklung und ungleiche Verteilung von Lebenschancen etc. – und die Diskussion um ökologische Belastungsgrenzen („planetarische Grenzen“) zeigten deutlich, dass die Gestaltung einer nachhaltigen Entwicklung eine der wichtigsten Aufgaben des 21. Jahrhunderts ist.
Bildung für eine nachhaltige Entwicklung fordere auf zum Umdenken und hinterfrage bisherige Denkmuster sowie Konsum- und Produktionsweisen auf ihre Zukunftsfähigkeit. Entscheidend sind für Dr. Christa Henze das Erkennen von Zusammenhängen zwischen dem Erhalt der natürlichen Lebensgrundlagen und der alltäglichen Lebensgestaltung, aber auch Wirkungszusammenhänge zwischen lokalem/regionalem Handeln und globalen Ent-wicklungen. Damit eng verknüpft seien Fragen von Verantwortung und Gerechtigkeit und das Suchen nach Alternativen im Sinne einer nachhaltigen Entwicklung.
Weitere Aufgaben einer Bildung für eine nachhaltige Entwicklung sieht Dr. Henze darin, neben Orientierungswissen das Erkennen und Verstehen von systemischen Zusammenhängen zu ermöglichen und Fähigkeiten zur Reflexion über (kulturelle) Werthaltungen und ethische Fragen zu unterstützen. Ferner gelte es, Dialogfähigkeit zu fördern, partizipatives Lernen und Erleben zu ermöglichen und den Aufbau von Gestaltungskompetenz zu stärken. Das Erleben von Selbstwirksamkeit und die Entwicklung individueller Problemlösefähigkeiten seien von entscheidender Bedeutung, um die Bereitschaft zu fördern, komplexe Probleme zu lösen und Verantwortung für das eigene Handeln zu übernehmen.
Stünden nun Herausforderungen und Phänomene biologischer Vielfalt im Zentrum einer Bildung für nachhaltige Entwicklung, sieht Dr. Henze eine besonders wichtige Rolle in der Analyse des Mensch-Natur-Verhältnisses. Hier gehe es um die Art und Weise, wie Menschen konkret mit Natur umgehen, diese verändern, pflegen, schützen und/oder zerstören, aber auch um kultur-, gesellschafts- oder gruppenspezifische sowie individuelle Naturbilder. Nicht zuletzt bestimmten Vorstellungen, Einstellungen, Werthaltungen und Wissensbestände den persönlichen Umgang mit Naturressourcen. Oftmals sei auch die Förderung von Fähigkeiten wichtig, die im Alltag vieler Menschen verloren zu gehen drohten (Wahrnehmungsfähigkeit, sich einlassen können auf Natur, Glück und Entspannung empfinden, …). Die Bedeutung biologischer Vielfalt für den Menschen erschließe sich auch bei genauerer Betrachtung der Leistungen der Natur („Ökosystemleistungen“) und trage zur Sensibilisierung für die Vielfalt natürlicher Lebensgrundlagen und die Tragfähigkeit unseres Planeten bei. Zuletzt ging Dr. Christa Henze auf didaktische Perspektiven ein. Dabei sei zum einen ein verantwortungsvoller Umgang mit Komplexität gefragt: Die ausgewählte Problemstellung müsse didaktisch handhabbar sein und an spezifischen Erwartungen und Voraussetzungen der jeweiligen Lerngruppe ausgerichtet sein. Zugleich müssten – auch verschiedene – Sichtweisen auf die Fragestellung beschrieben und durch Konflikte gekennzeichnete Zusammenhänge erkannt und reflektiert werden können. Wichtig seien zudem Fragen, die lokale Gegebenheiten mit ihren jeweiligen globalen Verflechtungen aufgreifen, z. B.: Welche globalen Entwicklungen und Zusammenhänge sind für biologische Vielfalt wirksam? Wie nehmen wir den Verlust biologischer Vielfalt auf regionaler Ebene wahr und wie bewerten wir ihn?
Zum anderen seien die Suche nach konkreten Handlungsmöglichkeiten als Beitrag zum Schutz und zu einer nachhaltigen Nutzung biologischer Vielfalt und im Idealfall auch das konkrete Erproben wichtig: So könnten Eigeninitiative und Partizipationsmöglichkeiten gestärkt und Mut machende, realistische Handlungsoptionen erprobt werden. Zugleich würde Selbstwirksamkeitserleben möglich, Lernen würde zum „Erlebnis“ und schaffe neue Motivation durch Sinnstiftung, sozialen Austausch und persönliche Entwicklung.