Grenzenlos(e) Bildung

Jedes Jahr bietet die Naturfreundejugend internationale Begegnungen für junge Menschen an. Dabei verknüpft der Verband positive Reiseerlebnisse mit Methoden der Bildung für nachhaltige Entwicklung. Mit Partnern auf der ganzen Welt werden vor Ort aktuelle sozial-ökologische Themen diskutiert und Lösungsansätze gesucht. Bildung erfolgt dabei über Grenzen hinweg.

Internationale Jugendbegegnungen unterscheiden sich von anderen Reiseangeboten in vielen Aspekten. Im Mittelpunkt steht nicht allein das Unterwegssein, sondern, wie der Name schon sagt, der Kontakt mit jungen Menschen aus einem anderen Land. Dabei reisen beide Partner und besuchen sich gegenseitig. Dies ist ein Unterschied zu beispielsweise Freiwilligendiensten, die in der Regel nur einem Partner das Reisen ermöglichen. Das Ziel ist es, von- und miteinander zu lernen. Der Austausch erfolgt dabei sowohl auf persönlicher als auch auf inhaltlicher Ebene.

Flankiert werden die Begegnungen von Vor- und Nachbereitungstreffen. Im Vorfeld werden die Teilnehmenden auf die Begegnung und das Gastland vorbereitet und erhalten einen Einstieg in das Thema des Austausches. Sie planen die Begegnung mit, entwickeln Programmpunkte und übernehmen Verantwortung für einzelne Aufgaben. Sie sind dadurch nicht nur Konsumenten, sondern Mitgestaltende. Zudem schlüpfen sie nacheinander in die Rolle der GastgeberInnen und der Gäste. Häufig gestaltet jede Gruppe hauptverantwortlich das Programm in ihrem eigenen Land. Dies verlangt ein großes Vertrauen in den jeweiligen Partner, es bietet aber auch einen Rahmen für ein Treffen auf Augenhöhe, bei dem beide Partner ihre Stärken und Ansichten einbringen können.

Die Begegnungen sind dann eine intensive gemeinsame Zeit. Die Teilnehmenden verbringen eine oder mehrere Wochen rund um die Uhr zusammen, lernen sich dadurch besser kennen und entwickeln Freundschaften. Im Rahmen des Programms besuchen sie passende Orte zum Thema des Austauschs sowie nachhaltige Initiativen und Projekte zu sozial-ökologischen Themen. Dies können sowohl Kohlekraftwerke oder Müllverbrennungsanlagen als auch konkrete positive Gegenentwürfe wie Niedrigenergie-Stadtviertel oder Unverpackt-Läden sein. Ökologische und soziale Fragen, die sonst nur theoretisch betrachtet werden, werden dadurch ganz praktisch und hautnah erlebbar. Durch diesen erlebnisorientierten Ansatz ergeben sich sehr intensive Erfahrungen und Bilder, die im Gedächtnis bleiben und viele Teilnehmende nachhaltig prägen.

Die Erlebnisse werden anschließend gemeinsam diskutiert und weitergedacht. Diese Diskussionen machen internationale Begegnungen so einzigartig. Denn durch die Vielfältigkeit der Gruppe werden ganz diverse Perspektiven sichtbar. Es werden neue Fragen gestellt, unterschiedlichste Aspekte als wichtig erachtet und verschiedene gesellschaftliche Voraussetzungen sichtbar. Dadurch wird ein tieferes Verständnis für die Probleme anderer ermöglicht und die Komplexität vieler Umweltprobleme verdeutlicht. Die Gruppe untersucht, ob Lösungsansätze von einem Land auf das andere übertragbar sind. So können neue und lokal angepasste Ideen entstehen, die eine große Chance auf Akzeptanz mit sich bringen. 

Neben der inhaltlichen Auseinandersetzung lösen die Diskussionen oft weitere, persönliche Prozesse aus. Die Teilnehmenden setzen sich mit Vorurteilen auseinander, hinterfragen klassische Denkmuster und öffnen sich für neue Herangehensweisen. Sie üben sich im Perspektivenwechsel und werden dabei weltoffener und empathischer. Der nüchterne Begriff der „Nachhaltigkeit“ erhält durch den erlebnisorientierten Ansatz der Begegnung eine positive und inspirierende Bedeutung.

Methodisch kommen bei internationalen Begegnungen viele Elemente zusammen: teambildende Maßnahmen, erlebnispädagogische Aktionen, Besuche von Initiativen und Personen sowie interkultureller Austausch und Sprachbildung. Gleichzeitig werden auf der Reise viele nachhaltige Verhaltensweisen direkt ausprobiert. Sei es eine vegetarische Ernährung, die Nutzung nachhaltiger Unterkünfte oder umweltfreundlicher öffentlicher Verkehrsmittel vor Ort. Die Teilnehmenden nehmen eine ganze Palette an Erfahrungen, Verhaltensweisen und Denkanstößen mit nach Hause, von denen sie in der Regel auch ihren FreundInnen und Bekannten berichten.

Die sozial-ökologische Transformation ist ein komplexer Prozess und bedarf gemeinsamer Lösungen über Grenzen hinweg. Internationale Begegnungen können junge Menschen genau hierfür sensibilisieren, sie vernetzen und ihnen neue Denkanstöße geben. Sie sind deshalb eine wichtige Ergänzung zu lokalen Angeboten der Bildung für nachhaltige Entwicklung.

Lina Mombauer, Naturfreundejugend Deutschlands
Kontakt:
E-Mail: linanaturfreundejugendde
www.naturfreundejugend.de