BNE im FÖJ ist auch politische Bildung

Die Idee zum FÖJ hat eine 30-jährige Geschichte. Die pädagogischen Konzepte des FÖJ enthielten bereits in dessen Anfängen zentrale Elemente davon, was später unter den Begriff „Bildung für nachhaltige Entwicklung“ gefasst wurde. Das FÖJ verknüpft ökologische mit politischer Bildung und ermöglicht wirksames Engagement in der Praxis.

Das FÖJ hat in seiner Gründungszeit ab 1986 aus der öffentlichen Wahrnehmung zwei zentrale Aspekte aufgegriffen: das Ökologische und das Politische.

Das Ökologische: Unter dem Eindruck von Schreckensmeldungen über das Waldsterben und die Reaktorkatastrophe von Tschernobyl wurde klar, dass es ein „Weiter so“ nicht geben kann und ein gesellschaftlicher Wandel unumgänglich ist. Es wurde erkannt, dass die Welt ein einziges komplexes, in sich wechselseitig vernetztes Gesamtsystem darstellt, in dem auch die Ökosysteme nicht isoliert verstanden werden dürfen. Ökologie, Ökonomie und Soziales wurden gemeinsam ins Blickfeld genommen und die Ursachen der Umweltschäden im Denken und Handeln des Individuums gesucht.

Das Politische: In Auseinandersetzung mit der deutschen Geschichte wurde in den Nachkriegsjahrzehnten die Rolle des Staates, der Zivilgesellschaft und des einzelnen Bürgers immer wieder neu diskutiert. Vor dem Hintergrund der ökologischen Herausforderungen rückte dabei die Rolle des Einzelnen in den Fokus. Die nachhaltige Erneuerung der Gesellschaft muss im Denken und Handeln des Individuums, in seiner konkreten Lebenswelt ihren Ausgangspunkt nehmen. Die Anforderungen an den Einzelnen als mündigen aktiven Bürger sind hoch und zeigen einen Bildungsbedarf auf, der nicht allein durch Wissensvermittlung befriedigt werden kann.

1986 wurde in diesem diskursiven Kontext in Niedersachsen die Idee zum FÖJ geboren. Die heutigen pädagogischen Konzepte des FÖJ lassen die gesellschaftlichen Ausgangsbedingungen seiner Gründungszeit noch deutlich erkennen. Vor dem Hintergrund des aktuellen Zeitgeschehens, wie die immer noch ungelösten ökologischen Probleme, der gesellschaftliche Veränderungsdruck durch die Einwanderung fremder Kulturen oder die Bedrohung der Demokratie durch den weiter aufkeimenden Rechtsextremismus, erscheint die Ausrichtung des FÖJ moderner denn je.

Freiräume für Engagement

Der im FÖJ geschaffene Rahmen schafft Freiheiten für Kreativität und selbstgesteuertes Engagement. So haben FÖJlerInnen im laufenden Programmjahr Diskussionen mit Politikern über Klimaschutz arrangiert, Ernährungskampagnen gestartet, sich für die Übertragung der demokratischen FÖJ-Strukturen auf andere Freiwilligendienste starkgemacht und im FÖJ-Projekt Naturschutz gegen Rechtsextremismus ein Zeichen gesetzt. Zudem planen sie Begegnungen mit Flüchtlingen, um miteinander und voneinander zu lernen.

Das FÖJ bietet jungen Menschen zweierlei: Engagement- und Bildungsmöglichkeiten. Engagieren können sich die Freiwilligen in ihren jeweiligen FÖJ-Einsatzstellen, in den von ihnen selbst geplanten Projekten und in den Seminaren, an deren Gestaltung die Teilnehmenden mitwirken. Die demokratisch gewählten SprecherInnen wirken außerdem in der Umwelt- und Freiwilligendienstepolitik mit. Mit den Erfahrungen aus dem FÖJ gestalten die Freiwilligen zudem auch die eigene Lebenswelt, beispielsweise beim Lebensmitteleinkauf, nachdem sie im FÖJ-Ernährungsseminar zu kritischen Kundinnen und Kunden geworden sind.

Die Bildungsangebote beginnen bei der individuellen Unterstützung der FÖJlerInnen beispielsweise bei der Umsetzung ihrer Projektideen an der Einsatzstelle. Pädagogen und Einsatzstellen schaffen Gestaltungsspielräume, machen Mut und geben einen Orientierungsrahmen. In fünf einwöchigen FÖJ-Seminaren beschäftigen sich die Freiwilligen mit ökologischen und politischen Themen, suchen Ursachen der Umweltzerstörung in der menschlichen Psyche und dem Lebensstil einer Kultur ohne Maß, können an Trainingsprogrammen zur Persönlichkeitsentwicklung teilnehmen und erleben Gemeinschaft in festen Seminargruppen.

Das FÖJ will dabei die Teilnehmenden zu kritischem Denken, zur Artikulation eigener Positionen, zu demokratischen Entscheidungen in der Gemeinschaft und aktivem gesellschaftlichem Handeln animieren und befähigen; auch über das FÖJ hinaus.

Nachfrage höher als Zahl der Plätze

In den meisten Bundesländern wächst weiterhin die Nachfrage nach dem FÖJ und leider können viele Interessierte keinen Platz bekommen. Das Engagement- und Bildungsangebot findet in den Bedürfnissen der jungen Generation seine Entsprechung: nach der Schule etwas Praktisches tun, das Gefühl „gebraucht zu werden“, dem täglichen Handeln einen Sinn geben, Orientierung finden, eigene Ideen einbringen, Selbstwirksamkeit spüren, Gemeinschaft erleben und an einem Prozess mitwirken, der uns allen eine lebenswerte Zukunft geben kann. Das FÖJ trifft auch heute noch den Puls der Zeit.