Gemeinsame Bewegung und Kooperation

Beim integrierten Klimaschutzplan Hessen sind die ANU und die Umweltbildungszentren im Bereich „Klimabildung“ Partner des Landes. Die Kooperation der Akteure des Klimaschutzes ist dabei Herausforderung wie Chance. Und der Dialog mit der jugendlichen Klimabewegung kann zu einer neuen Rolle der Umweltzentren in den regionalen Bildungslandschaften führen, findet Michael Schlecht, Geschäftsführer von Umweltlernen in Frankfurt.

„Kooperation ist die einzig konstruktive Antwort auf den Klimawandel“, sagt Christoph Bals von Germanwatch. Die junge Klimabewegung hat die Klimakrise ins Zentrum der Wahrnehmung gerückt. In den Beschlüssen der Politik zum Klimaschutz spielt Bildung allerdings kaum eine Rolle. Ein Bildungsbezug fehlt bisher weitgehend in den Klimaschutzplänen der Bundesländer; im aktuellen Klimapäckchen der Bundesregierung wird Bildung für Nachhaltige Entwicklung (BNE) trotz des Nationalen Aktionsplans erst gar nicht erwähnt. Nicht so in Hessen. Hier ist es in einem partizipativen Prozess gelungen, Klimabildung als prioritäre Maßnahme im integrierten Klimaschutzplan Hessen 2025 (IKSP) zu verankern. Für die nächsten drei Jahre wurden Einzelprojekte konzipiert und mit finanziellen Mitteln ausgestattet (s. Blickpunkt). Projektträger der kooperativen Umsetzung von vier Projekten sind die ANU Hessen und zwei Umweltbildungszentren, die als Kompetenzzentren „Klimabildung“ fungieren. Die pädagogische Umsetzung erfolgt durch die hessischen Umweltzentren wie auch regionalen Netzwerke BNE.

„Kooperation – sich gemeinsam bewegen“ (Balkrishna Doshi, Pritzker-Preisträger 2018) ist angesichts der unterschiedlichen Akteursebenen – Ministerien, Ämter, Umweltbildungszentren, BNE-Netzwerke, PädagogInnen – wie auch der Programmvielfalt eine große Herausforderung. Wie können sich die KlimabildungsmultiplikatorInnen die ausgearbeiteten Programme zu eigen machen? Wie können die vielfältigen Erfahrungen für die Weiterentwicklung genutzt werden? Wie kann eine gemeinsame Zielrichtung gesichert werden? Denn einerseits brauchen Bildungsakteure vor Ort Freiräume, um die Programme an die lokalen Situationen anzupassen und sie kreativ weiterzuentwickeln. Anderseits ist eine Projektsteuerung erforderlich, die eine inhaltliche Kohärenz und hohe Qualität der Angebote sicherstellt. Erforderlich sind offenes Denken sowie geeignete Strukturen, die das Spannungsfeld von Projektsteuerung und individueller Durchführung in der regionalen Bildungslandschaft ausbalancieren, flexibel halten und produktiv machen.

Sich gemeinsam bewegen

Sich gemeinsam zu bewegen verändert alle Akteure. Damit der Prozess mehr wird als eine Einladung zur Kooperation, wurde für die Klimabildungsaktivitäten ein Qualitätszirkel zur Qualitätssicherung und -entwicklung eingerichtet. Ziel ist es, einen gemeinsamen Begriff von Klimabildung für eine nachhaltige Entwicklung zu erarbeiten. Gleichzeitig hilft der Qualitätszirkel, das Programm den unterschiedlichen Voraussetzungen vor Ort anzupassen und aktuelle gesellschaftliche Entwicklungen aufzugreifen. Denn genauso wichtig wie die Abarbeitung eines wohlüberlegten „Masterplans“ sind die genaue Wahrnehmung des Prozesses, die Reflexion des Erlebten, die Entwicklung von Fragen und unter Umständen die Abweichung vom eingeschlagenen Weg. Von den Akteuren erfordert dies Offenheit, Geduld und die Bereitschaft, neue Pfade zu begehen.

Der partizipative Qualitätszirkel hilft dabei, Indikatoren für gute Klimabildung für eine nachhaltige Entwicklung zu erarbeiten. Die Entwicklung guter Indikatoren braucht Zeit. Dies zeigt schon der mühsame Prozess zur BNE-Indikatorik im Rahmen des Nationalen Aktionsplans BNE auf Bundesebene. Doch der Aufwand lohnt, um Orientierung für eine gemeinsame Bewegung zu geben.

Bildungslandschaften als Plattformen der Kooperation

Klimabildung kann nicht wirksame Maßnahmen im Klimaschutz ersetzen. Klimabildung bereitet den Boden für Klimaschutz. Damit etwas heranwächst und in Bewegung kommt, lohnt es, das Feld in seiner Tiefe mit seinen unterschiedlichen Akteuren auszuloten: Handwerkern, Energieberatern, Technikern, Klimaschutzmanagern, Transition Town-Initiativen, Fridays for Future-Aktivisten...  Es gilt einen Dialog zu organisieren und die Erfahrungen zu bündeln, eine Zusammenarbeit anzubahnen – mit anderen Worten: Wurzelwerke in der lokalen Bildungslandschaft zu bilden. Außerschulische Bildungsträger können hier eine besondere Rolle einnehmen, wenn sie über die Vermittlung von Inhalten im Klimaschutz hinausgehen und das Feld von Klimaschutz selbst zum Lern- und Erfahrungsgegenstand machen. Die Zusammenarbeit von Umweltbildungszentren mit Fridays for Future-Aktiven, bei denen sich die Zentren als intermediäre Organisationen zwischen Schule, Politik und der jugendlichen Klimabewegung erproben, sollten hier Beispiel und starker Antrieb sein. Und lernen können wir Umweltbildungszentren von den Fridays, wie Ernsthaftigkeit und fröhlicher Protest, wie soziale Innovation und Beweglichkeit, wie wissenschaftsbasierter Anspruch und Work in Progress zusammenkommen.

Kontakt: Michael Schlecht, Umweltlernen in Frankfurt e.V.,
E-Mail: michael.schlechtstadt-frankfurtde