Perspektiven der UN-Dekade im Alpenraum

Der erste gemeinsame Kongress der Unesco-Kommissionen von Deutschland, Österreich und der Schweiz hat gezeigt, welche Erfolge in der Bildung für nachhaltige Entwicklung die drei Länder bereits verbuchen und wo sie voneinander lernen können. Die Kommissionen waren sich einig, dass es über die UN-Dekade hinaus Strukturen zur Verankerung von BNE in allen Bildungsbereichen geben muss.
VON KLAUS HÜBNER, DEUTSCHES NATIONALKOMITEE DER UN-DEKADE BNE

Unter dem Titel „BNE gestalten und verankern“ hatten die Bayerische Akademie für Naturschutz und Landschaftspflege und das Umweltministerium des Freistaats Anfang Mai zu einem Ländervergleich zwischen Deutschland, Österreich und der Schweiz an den Sitz der Akademie im oberbayerischen Laufen eingeladen. Alle drei anwesenden nationalen Unesco-Kommissionen waren sich darin einig, dass über das Ende der jetzigen UN-Dekade hinaus Strukturen geschaffen werden müssen, die eine systemische Verankerung von BNE in allen Stufen des Bildungssystems ermöglichen. Deshalb ist es für alle Akteure besonders wichtig, die verbleibenden vier Jahre der Dekade zu nutzen, um die Bedeutung von BNE als Instrument nachhaltiger Entwicklung und als Beitrag zur Verbesserung von Bildung allgemein besser als bisher bei den verschiedenen Zielgruppen zu vermitteln.

Deutschland

Für Walter Hirche, Präsident der Deutschen Unesco-Kommission und früherer niedersächsischer Wirtschaftsminister, entwickelte sich die Situation in der Bundesrepublik sehr dynamisch. Besonders bemerkenswert ist der einstimmige Beschluss des Deutschen Bundestages, die Deutsche Unesco-Kommission (DUK) mit der Umsetzung der UN-Dekade zu beauftragen. Die DUK berief hierfür ein Nationalkomitee und konnte mit Förderung des Bundesministeriums für Bildung und Forschung eine Dekade-Koordinierungsstelle einrichten.

Das übergreifende Ziel der UN-Dekade in Deutschland ist die umfassende Verankerung der BNE in allen Bereichen der Bildung. Die Zahl der Aktivitäten ist schnell und stark angewachsen, nicht zuletzt durch die Aktivitäten des Runden Tisches, der vom Nationalkomitee für die UN-Dekade einberufen wurde und aus Vertreterinnen und Vertretern der Länder und Kommunen sowie von Unternehmen und Nichtregierungsorganisationen besteht.

Bisher konnten in der UN-Dekade über 1.200 qualitativ hochwertige Praxisbeispiele als „Offizielle Dekadeprojekte“ ausgezeichnet werden. Dazu kommt als wichtiges Instrument die Auszeichnung von zwölf Städten und Gemeinden, die für jeweils zwei Jahre den Titel „Kommune der Weltdekade“ tragen dürfen.

Auf Ebene der Bildungspolitik ist BNE ebenfalls zunehmend sichtbar. Hier sind insbesondere die Empfehlungen der Kultusministerkonferenz und der DUK zu BNE in der Schule zu nennen, aber auch die Erklärung „Hochschulen für nachhaltige Entwicklung“ der Hochschulrektorenkonferenz und der DUK sowie die gute Resonanz, die die DUK-Erklärung zur BNE aus dem Elementarbereich erfährt.

Österreich

Nach Eva Nowotny von der österreichischen Unesco-Kommission stellt sich auch im Nachbarland die bisherige Umsetzung der UN-Dekade positiv dar. „In enger Zusammenarbeit mit der österreichischen Unesco-Kommission hat die österreichische Bundesregierung die Neudefinition von Bildung, welche Bildung für nachhaltige Entwicklung erfordert, einer strategischen Verankerung zugeführt und damit einen breiten, sich permanent weiterentwickelnden Prozess eingeleitet“, so die österreichische Diplomatin. „Dieser Prozess geht weit über die traditionellen Bildungseinrichtungen hinaus und bezieht eine breite Öffentlichkeit sowie zahlreiche Organisationen der Zivilgesellschaft mit ein und muss über das Dekade-Ende hinaus weitergeführt werden.“ Seit 2005 hat die Unesco-Kommission des Landes einen eigenen Fachbeirat für die UN-Dekade eingerichtet, der den innerösterreichischen Diskurs über die Dekade koordiniert und die Umsetzung der festgelegten Ziele verfolgt und begleitet. Zweimal pro Jahr werden offizielle UN-Dekadeprojekte durch die österreichische Unesco-Kommission in Kooperation mit der Bundesregierung ausgezeichnet und öffentlich vorgestellt.

Schweiz

Priska Sieber, Professorin am Institut für internationale Zusammenarbeit in Bildungsfragen in Zug, berichtete über die Entwicklung von Bildung für nachhaltige Entwicklung in der Schweiz. Ihrer Meinung nach stellt dies eine große Herausforderung dar, da es kein zuständiges Bildungsamt gibt. Für Bildung sind sowohl das Innen- als auch das Wirtschaftsministerium zuständig. Darüber hinaus sind die 26 Schweizer Kantone eigenständig für ihre Bildungspolitik verantwortlich. Auf nationaler Ebene lassen sich in der Schweiz vier zentrale Akteure unterscheiden:

Die Schweizer Koordinationskonferenz BNE koordiniert die Strategie von Bund und Kantonen und deren Umsetzung in Hinblick auf die Integration von BNE in allen Stufen und allen Bereichen des formellen Bildungssystems.

Die Stiftung Bildung und Entwicklung und die Stiftung Umweltbildung Schweiz haben den Auftrag, Bildungsakteure auf allen Schulstufen unter anderem in der Umsetzung einer BNE mit Dienstleistungen zu unterstützen. Die beiden Stiftungen werden von Bund, Kantonen, Gemeinden sowie von weiteren Organisationen getragen.

Das Forum Bildung für nachhaltige Entwicklung organisiert regelmäßige Treffen von Organisationsmitgliedern und Einzelpersonen aus dem BNE-Bereich der gesamten Schweiz, um durch Informationsaustausch, Diskussion, Koordination und Vernetzung zur Entwicklung von BNE beizutragen. Das Forum wurde auf Initiative der beiden oben genannten Stiftungen 2003 gegründet.

Die Projektgruppe BNE der Schweizer Unesco-Kommission will zur Umsetzung und Koordination der Dekade BNE beitragen, indem sie die Grundsätze und Werte einer Bildung für nachhaltige Entwicklung sowie pädagogische Praktiken mit Modellcharakter in allen Bildungsformen bekannt macht und fördert, insbesondere im nonformellen und informellen Bereich.

Klaus Hübner ist Mitglied im deutschen Nationalkomitee der UN-Dekade Bildung für nachhaltige Entwicklung. Beim Landesbund für Vogelschutz im bayerischen Hilpoltstein leitet er das Referat BNE und Freizeit.

Kontakt: E-Mail: k-huebnerlbvde, www.lbv.de