Weltkonferenz zur UN-Dekade BNE - Nachhaltige Entwicklung muss ins Zentrum der Bildung rücken!

Die internationale Konferenz zur Halbzeit der UN-Dekade „Bildung für nachhaltige Entwicklung“ in Bonn war ein voller Erfolg. Alle Staaten wurden aufgefordert, nachhaltige Entwicklung ins Zentrum aller Bildungsprozesse zu rücken und die aufgebauten Strukturen in und außerhalb der Schule zu sichern und auszubauen.

Bildung für nachhaltige Entwicklung (BNE) muss eine viel stärkere Rolle spielen und schon bei der Aus- und Weiterbildung von Lehrern fest verankert werden. Das forderte Bundesbildungsministerin Annette Schavan in ihrer Eröffnungsrede bei der Weltkonferenz zur UN-Dekade BNE vom 31. März bis zum 2. April in Bonn. Auf der Konferenz präsentierte die Unesco den Entwurf eines Halbzeitberichts zur Dekade. Der Bericht, der Ergebnis einer Umfrage in mehreren Mitgliedstaaten ist, belegt einerseits zahlreiche Aktivitäten, räumt aber zugleich große Defizite bei der Verankerung von BNE im Zentrum der Bildung, bei der Bereitstellung von Mitteln sowie bei der Zusammenarbeit der unterschiedlichen Akteure einschließlich der interministeriellen Zusammenarbeit ein.

Ausgezeichnete Organisation

Großes Lob zollten die 900 Teilnehmer, darunter 48 Minister und Vizeminister sowie 250 Gäste aus 147 Unesco-Mitgliedstaaten den deutschen Organisatoren für die ausgezeichnete Vorbereitung und Durchführung der Megaveranstaltung. Als Mitglied des deutschen Nationalkomitees nahm die ANU-Vorsitzende Annette Dieckmann an der Konferenz teil.
Die Veranstaltung war als partizipativer Prozess zwischen Industrie- und Entwicklungsländern sowie zwischen Regierungen und Akteuren angelegt. Sowohl das Gespräch zwischen den Ministern als auch die 22 Workshops und das umfangreiche Rahmenprogramm boten viel Raum für Diskussionen und Austausch. Die wichtigsten Fragen einer nachhaltigen Entwicklung, zum Beispiel Wassermangel, Klimawandel, Gesundheitsprobleme oder Nahrungsmittelversorgung, standen im Mittelpunkt der Diskussionen. Das Tagungssetting wurde sehr gelobt und gilt als Modell für die geplante Abschlussveranstaltung zur Dekade im Jahre 2014, die voraussichtlich in Japan stattfinden wird.

Umfangreiches Rahmenprogramm

Eine Ausstellung im Konferenzzentrum präsentierte Projekte aus der ganzen Welt. Projektworkshops boten Exkursionen zu Bildungseinrichtungen in der Region an, darunter zum Botanischen Garten Bonn sowie eine Fahrt mit einem Untersuchungsschiff. Der Deutsche Akademische Auslandsdienst (DAAD) hatte 100 ehemalige Absolventen deutscher Hochschulen aus dem Ausland eingeladen und vier deutsche Universitäten bereist. Die Stadt Bonn bot vielfältige Veranstaltungen in Schulen, Berufsbildungseinrichtungen und Hochschulen an. Am Eingang des Konferenzgebäudes konnten der Umweltbus Lumbricus aus Nordrhein-Westfalen und eine „Wissenskiste“ mit Zukunftsperspektiven der Stadt Bonn besichtigt werden. Überregional hatte die Stadt Hamburg zu einem Fachaustausch mit Senatsempfang eingeladen und eine Diskussion zwischen den internationalen Gästen und dem World Future Council organisiert.

Bonner Erklärung

Dank der guten Tagungsorganisation konnte eine „Bonner Erklärung“ gemeinsam erarbeitet und einstimmig angenommen werden. Darin fordern die Bildungsexperten, gerade angesichts globaler Herausforderungen wie Klimawandel und Finanzkrise jedem Einzelnen durch Bildung die Möglichkeit zu geben, die nötigen Kompetenzen, Fertigkeiten, Kenntnisse und Werte für eine menschenwürdige Zukunft erwerben zu können. Sowohl die Dimensionen der globalen Herausforderungen als auch die notwendigen Maßnahmen in der Bildung seien bekannt, heißt es in dem Dokument. Es fehle der Schritt vom Wissen zum Handeln. Die Erklärung gibt Leitlinien vor, wie dies in den noch verbleibenden 2000 Tagen der UN-Dekade erreicht werden kann. Die Mitgliedstaaten werden aufgefordert, BNE als zentrales Element von Bildungsqualität voranzutreiben und sektorübergreifend zu verankern sowie ausreichend finanzielle Mittel bereitzustellen.

Außerordentlicher Runder Tisch

Im Anschluss an die Weltkonferenz waren die Teilnehmer auch zum außerordentlichen Runden Tisch der deutschen Unesco-Kommission in Bonn eingeladen. Etwa 250 Gäste aus 45 Ländern nahmen daran teil. Annette Dieckmann betonte in ihrer Begrüßungsrede, dass junge Menschen weltweit mehr als die Hälfte der Bevölkerung stellen. Daher sei es besonders wichtig, sie in politische Entscheidungsprozesse zu Bildungsfragen stärker einzubinden. Wegen ihrer partizipativen Strukturen seien die nicht-formale Bildung und das informelle Lernen besonders geeignet, das Engagement junger Menschen zu fördern.
Nach Meinung der Teilnehmenden konzentriert sich BNE derzeit noch zu sehr auf einzelne Projekte. Die Arbeit in Netzwerken und die Verankerung in der Bildungsplanung von Städten und Kommunen müssten deshalb verstärkt sowie bisher noch nicht erreichte Zielgruppen wie Migranten einbezogen werden. Neben einer sicheren Finanzierung sei ein kontinuierlicher Dialog zwischen den BNE-Akteuren und zentralen Akteuren der Wirtschaft unabdingbar. Außer einer besseren formellen Verankerung von BNE müssten auch Qualitäts- und Bildungsstandards mit quantitativen und qualitativen Indikatoren zur Evaluierung entwickelt werden. Einige Gäste aus dem Süden äußerten hierzu aber Bedenken, da sie Indikatoren und Messbarmachung als einen Wettbewerb sehen, der sie auf die unteren Ränge verdrängen könnte. Alle Ergebnisse der fünf thematischen Workshops sowie die Redebeiträge wurden im Internet veröffentlicht.

Mehr Medienresonanz nötig

Das Ziel, die Präsenz von BNE in den Medien zu verbessern, wurde jedoch bisher nicht erreicht. Wer im Internet nach den Konferenzergebnissen sucht, wird zwar leicht auf den Seiten der Unesco oder beteiligter Organisationen fündig. Die meisten Zeitungen und Fernsehsender wiesen dagegen nur im Vorfeld auf die Veranstaltung hin. Allenfalls wurden die Aussagen von Ministerin Schavan wiedergegeben.
Auch tut eine effektivere Kommunikationsstruktur Not. So hatte das Robert-Wetzlar-Berufskolleg unter der schönen Bezeichnung „NRW denkt nachhaltig“ im Internet einen Blog zur Konferenz eingerichtet. Nachdem aber lediglich zwei Kommentare eingegangen waren, wurde das Diskussionsforum wieder geschlossen.

[Jürgen Forkel-Schubert]

 

www.bne-portal.de (Gremien der UN-Dekade – Der Runde Tisch – Außerordentlicher Runder Tisch 2009)

www.esd-world-conference-2009.org/de

www.hamburg.de/nachhaltigkeitlernen-aktuelles

www.daad.de/entwicklung (Veranstaltungen)

www.nrw-denkt-nachhaltig.de/blog