Klimaschutz - Österreichs Schüler helfen der Wissenschaft

Eine neue Studie in der Zeitschrift "nature" sagt voraus, dass bis Ende dieses Jahrhunderts der kilometerdicke Eispanzer Grönlands komplett abschmelzen könnte - mit unabsehbaren Folgen für das Klima Mitteleuropas. Das Forschungsprojekt "StartClim" will kommende Generation frühzeitig mit der Problematik des Klimawandels vertraut machen. Das Institut für Meteorologie der Universität Wien koordiniert dafür einen gemeinsamen Forschungsprozess von SchülerInnen und Wissenschaftlern - mit interessanten Ergebnissen. VON INGEBORG SCHWARZL,UNIVERSITÄT FÜR BODENKULTUR WIEN

Drei österreichische Schulen aus Hochwasserregionen mit rund 130 Schüler-Innen haben im Rahmen von "StartClim" extreme Wetterereignisse und ihre Auswirkungen analysiert. SchülerInnen von zwei Schulen führten dazu rund 100 Fragebogeninterviews mit Verwandten und Bekannten zu vergangenen Extremereignissen durch. Das Hochwasser 2002 war den meisten Menschen sehr präsent. Um weiter zurückliegende Ereignisse zu erfassen, wurde eine Befragung in einem Seniorenheim durchgeführt. Die SeniorInnen erzählten bereitwillig und übergaben den Kindern auch einige historische Fotos, zum Beispiel vom Eisstoß der Donau, einem dramatischen Winterhochwasser im Jahr 1929.

Daten vergleichen

Eine fünfte Klasse stellte die Daten, die im EDV-Unterricht elektronisch erfasst worden waren, den Messdaten einer staatlichen Wetterstation sowie den Schadensmeldungen der Hagelversicherung gegenüber. Dazu wurden die Extremereignisse der Fragebogeninterviews und entsprechende meteorologische Parameter als farbige Punkte auf einer Zeitskala auf einem großen Poster in Gruppenarbeiten aufgeklebt. In der anschließenden Diskussion stellten die Schüler fest, dass nicht jedes Hochwasser mit besonders viel Niederschlag einhergehen muss.Außerdem: Verschiedene Methoden der Datenaufzeichnungen können ähnliche Ereignisse unterschiedlich erfassen. Während die Wetterstation nur die Hagelereignisse registrierte, die im Bereich dieser Wetterstation auftraten, erfasste die Hagelversicherung während der gleichen Zeit mehrere Ereignisse aus der gesamten Region, sofern sie einen Schaden verursachten.Dieser Prozess ließ die SchülerInnen das Thema Datenerfassung und Qualitätskontrolle selbst erleben, gleichzeitig setzten sie sich inhaltlich mit Klima, Klimawandel und Extremereignissen auseinander.

Fächerübergreifendes Projekt

Im Laufe des Schuljahres beteiligten sich immer mehr Fächer am "Klimaprojekt". In Physik und Mathematik wurden die Wetterdaten nach verschiedenen Kriterien elektronisch und rechnerisch ausgewertet, bildnerische Erziehung und Musik setzten sich künstlerisch mit dem Klima und der Wissenschaft auseinander und gestalteten ein großes Poster über den Wasserkreislauf. Der Höhepunkt der Schulprojekte in Krems war eine gemeinsame öffentliche Präsentation beider beteiligten Kremser Schulen Anfang Dezember 2003. Auch in den lokalen Medien wurde über die Klimaforschung in der Schule berichtet.

Auch die Forschung profitiert

Neben vielfältigen Erfahrungen und neuem Wissen für die SchülerInnen hat auch die Forschung großen Nutzen aus dieser Kooperation gezogen: Die Datenerhebung mittels Fragebogeninterviews erreichte und sensibilisierte einen sehr großen Personenkreis unterschiedlicher Altersstufen. Die Angaben auf den Fragebögen und die Publikumsfragen bei der Schlussveranstaltung lieferten wertvolle Informationen dazu, wie die Bevölkerung Extremereignisse wahrnimmt, mit ihnen umgeht und welche Themen sie in diesem Zusammenhang interessieren. Diese Informationen können eine wertvolle Entscheidungsgrundlage für Fragen des Risiko- und Krisenmanagements, für politische Entscheidungen und auch für Versicherungsfragen bieten. Weiterhin ergänzen sie die wissenschaftlichen Daten von Extremereignissen um die Sichtweise der Betroffenen.

Dieser Beitrag erschien in "umwelt & bildung", Heft 1/04. Gekürzt und überarbeitet von Jürgen Forkel-Schubert.
Kontakt: StartClim, Ingeborg Schwarzl, Universität für Bodenkultur, Institut für Meteorologie, Fon +43/1/4 70 58 28-21, Fax -61, E-Mail startclimboku.acat, www.austroclim.at/startclim/endbericht.htm
Gregory/Huybrechts/Raper:Threatend Loss of the Greenland Ice-Sheet.In:nature,Band 428, S.616 ff.