Kunst - Wirkungsvoll aber absichtslos

Umweltbildung kann durch Kunst belebt werden. Allerdings nur, wenn die Akteure nicht in die "Ökofalle" tappen: Sowohl PolitikerInnen wie auch engagierten Umweltkünstlern wird gerne vorgeworfen, zu sehr die Moral zu strapazieren. Die Kunst liegt darin, keine fertigen Lehren zu servieren.

Eine Umweltausstellung hat meist rein informativen Charakter und verfolgt ein pädagogisches Ziel, eine Botschaft. Dagegen können die Werke einer Kunstausstellung wunderbar absichtslos und unabhängig von formulierten Zielen sein. Die Frage, was der Künstler wohl sagen will, wird nicht beantwortet. Eine Antwort entsteht, wenn überhaupt, im Kopf des Betrachters. Absichtslos heißt nicht wahllos und unbedacht. Ganz im Gegenteil: Kunst ist stets das Resultat intensiver, eigenständiger und mitunter auch kompromissloser Auseinandersetzung mit einem Thema. Die Kunst kann sogar, wie es der Künstler Werner Henkel formuliert, einen Blick auf die Rückseite der Realität bieten. Demnach stellt sich ein Kunstwerk zur Verfügung, als Anstoß, als Provokation, als Ironie, als Karikatur oder als ästhetisch überzeugendes Werk, das etwas auszulösen vermag. Aber die Kunst sagt nicht, was sie auslösen will und darin liegt die große Chance für die Kunst als Medium für Umweltbildung.

Autonome Kunst...

Für die Umweltbildung geht es nicht um die Kunst der Galerien und der Kunstmärkte, die ihren eigenen Gesetzmäßigkeiten folgt. Vielmehr geht es um eine "autonome Kunst" (Prof. Hoppe), die jenseits der Museen in bestimmten professionellen Nischen angesiedelt ist. Diese Form der Kunst ist sehr vielfältig und wird - trotz fließender Grenzen - mit unterschiedlichen Begriffen umschrieben: Land-Art, Natur-, Umweltkunst oder ökologische Kunst.

...versus Katastrophenkunst

In den achtziger Jahren gab es eine apokalyptische Richtung in der Kunst. So mahnten manche Künstler mit ihren Aktionen vor der Betonierung der Landschaft, andere vor der Verseuchung der Strände durch Tankerunglücke. Sie öffneten damit die Augen, aber sie lähmten das Gemüt. Heute ist klar: auf keinen Fall dürfen Ökoszenarien kunstvoll verabreicht werden, die dann ebenso wie die berühmte Agit-Prop-Kunst zwar als gut gemeint, aber als spießig und ökolehrerhaft entlarvt werden. Kunst und Theater dürfen nicht in dieselbe "Ökofalle" tappen wie die Nachhaltigkeitsdebatte selbst. So formulierte dies der Politikwissenschaftler Karl-Werner Brand auf der Suche nach dem Resonanzproblem des Begriffs "Nachhaltigkeit". Folgende Beispiele können den Begriff der autonomen Kunst verdeutlichen.

Hinweisen statt lehren

Seit den 60er Jahren will Löbach-Hinweiser weder Künstler noch Pädagoge sein, sondern nur "Hinweiser". Seine umweltkritische Kunst zeigt er in einem transportablen Museum für Wegwerfkultur, das auch im Kunstunterricht in Schulen zum Einsatz kommt. Der bekannte Künstler und Jurist Klaus Steak zeigt nicht nur Verfremdungen klassischer Malerei, sondern nennt Beteiligte und klagt an. Georg Witter arbeitet mit Schrottstücken und produziert comicartige Erscheinungsbilder. Conny Rump fixierte in einem Werk 100 tote Kröten, die sie verendet in einer Tiefgarage fand, um auf die Folgen der Versiegelung von Landschaft hinzuweisen.
Hermann Prigann nutzt die Vegetationsdynamik, um ein Rundheckenmonument an der ehemaligen deutsch-deutschen Grenze oder einen Tanzpalast aus Baumwerken wachsen zu lassen. Während ein botanischer Garten oftmals nur als "Kulisse" für eine Kunstausstellung dient, arrangierte Werner Henkel in einem tropischen Gewächshaus 250 Glasschalen im Schwimmpflanzen-Bassin und ermöglichte dadurch einen völlig neuen Zugang zum Thema "Erhalt der Biodiversität". Der Bildhauer Hans Jochen Freymuth bietet beim Wissenschaftsladen Bonn regelmäßig Workshops unter freiem Himmel an und sucht mit den TeilnehmerInnen nach Treibholz an Flussufern, das dann gemeinsam verarbeitet wird.

<i>Andreas Pallenberg, Wissenschaftsladen Bonn</i>

Leicht gekürzter Nachdruck aus: Andreas Pallenberg, "Wirkungsvoll aber absichtslos - Umweltbildung mit "autonomer Kunst", in: WILA-inform, Nr. 35 vom April 2002.
Kontakt: Wissenschaftsladen Bonn e.V., Buschstr. 85, D-53113 Bonn, Fon ++49/(0)228/201610, Fax 265287, E-Mail infowilabonnde, www.wilabonn.de