So gut wie neu

Einige Menschen tüfteln und reparieren gerne, andere haben defekte Geräte – die „Reparaturwertstatt“ in Leverkusen bringt sie zusammen und mindert damit den Ressourcenverbrauch ganz praktisch. Das Umweltzentrum NaturGut Ophoven half bei den ersten Schritten.

In einer Ecke rattert die Nähmaschine, auf einem Tisch schrauben zwei Männer an einem Drucker, auf dem Hof zerlegen zwei Freiwillige ein Fahrrad: Reparieren statt wegwerfen ist die Devise der „Reparaturwerkstatt“. Ende Januar startete auf dem NaturGut Ophoven der erste Reparaturtreff in Leverkusen. 40 Neugierige brachten ihre defekten Geräte ins Bistro des Umweltzentrums. Sie hatten über die lokale Zeitung und das Radio von dem Angebot erfahren. Von morgens 10 Uhr bis nachmittags um vier reparierten rund ein Dutzend Tüfftler Kaffeemaschinen, Computer oder Puppen. „Niemand konnte ahnen, dass der Reparaturtreff ein so großer Erfolg wird“, erklärt Manfred Urbschat, Initiator und Vorstandsmitglied des Fördervereins NaturGut Ophoven heute. Denn bereits ein halbes Jahr später hat sich die Zahl der freiwilligen Helfer mehr als verdoppelt und zu den monatlichen Treffs kommen bis zu 140 Hilfesuchende. Vor Kurzem wurde aus der Arbeitsgemeinschaft ein Verein, die Leverkusener Reparaturwertstatt e.V. Die Idee der sogenannten Repair-Cafés ist nicht neu: 2009 entstand sie in Holland, wenig später wurde sie in Hamburg, Köln und anderen großen Städten aufgegriffen. Anders als bei offenen Werkstätten, in denen jeder selber seine defekten Geräte und Möbel reparieren kann, wird hier geholfen. Über 60 Repair Cafes existieren hierzulande bereits.

Umweltbewusste und selbstbestimmte Verbraucher

Die Bevölkerung ist umweltbewusster geworden. Da ist sich Manfred Urbschat ganz sicher. Viele wollen etwas gegen die Ressourcenverschwendung tun. Sie haben es satt, ihre Computer, Handys oder Mixer alle zwei Jahre wegzuschmeißen. „Viele beginnen sich gegen die geplante Obsoleszenz, die die Lebensdauer eines Produkts absichtlich verkürzt, zu wehren, und reparieren lieber statt neu zu kaufen“, erklärt der ehemalige Biologielehrer. Der Umweltgedanke sei aber nicht der einzige Antrieb für den Zulauf der Repair- Cafés. „Viele Menschen lassen ihre defekten Geräte reparieren, weil ihnen die Dinge am Herzen liegen, und das sind teilweise richtig alte Schätzchen“, so Elena Daniels, Vorsitzende des Vereins Leverkusener Reparaturwertstatt. Oft sind es Erbstücke oder Dinge, die einen seit der Jugend begleiten. „Das Kurioseste war bisher eine alte Popkornmaschine“, erinnert sie sich. Leider läuft sie noch nicht, es fehle eine passende Sicherung, aber um die kümmere sich jetzt der Elektro-Experte im Team. 

Viele geben ihr Wissen gerne weiter

Handwerklich begabte Mitstreiter zu finden, war – wider Erwarten – kein großes Problem für die Organisatoren, so Manfred Urbschat. Bei jedem Treffen kommen neue dazu. Viele von ihnen sind bereits in Rente wie er selber und haben Spaß daran, anderen mit ihrem Handwerk zu helfen und ihr Wissen weiterzugeben. Außerdem seien für die Experten, gelernte Elektriker, Funker oder Näherinnen, der Austausch und das Tüfteln wichtig. Dinge zu durchschauen und dadurch handlungsfähig zu bleiben, sei eine wichtige Motivation für die freiwilligen Helfer, so Urbschat. Die Reparaturen sind kostenlos. Wer möchte, kann aber etwas spenden – für Material und neues Werkzeug. Im Sparschwein landen auch die Euros und Cents für den Kaffee und den Kuchen, der in der Reparaturwerkstatt angeboten wird. Eine kleine Verköstigung ist wichtig, um die Wartezeit zu überbrücken, denn nicht alle Hilfesuchenden können gleichzeitig bedient werden. „Viele nutzen aber auch die Gelegenheit, den verschiedenen Experten über die Schulter zu schauen und zu lernen“, erklärt Manfred Urbschat. Für die Kinder der „Kunden“ hat er sich einen Upcycling-Workshop ausgedacht, denn eine Reparatur kann schon mal eine Stunde dauern. Damit sie sich nicht langweilen, können sie unter Anleitung beispielsweise Vogelfutterhäuschen aus Tetrapacks oder Dekoblumen aus Eierkartons basteln. „Die Kinder sollen lernen, dass man viele Dinge wie Verpackungsmaterial mit ein wenig Fantasie recyceln kann und dass das mehr Spaß macht, als nur zu konsumieren.“

Ein mobiler Reparaturtreff

Das Besondere an dem Leverkusener Reparaturcafé ist, dass es keinen festen Standort besitzt, sondern die Treffen jeden Monat in einem anderen Stadtteil durchgeführt werden. Passende Räumlichkeiten zu finden, war bisher für die Initiative nicht schwer. Ein altes Bürgermeisteramt, ein Jugendzentrum oder ein Gemeindesaal: Die Kirchen, Sozialvereine und Wirtschaftsverbände der Stadt unterstützen die Idee gerne. „Bisher wurden uns die Räumlichkeiten sogar immer kostenlos zur Verfügung gestellt“, so Elena Daniels. Das „Wandern“ durch die verschiedenen Stadtteile habe den Vorteil, dass der Arbeitskreis viele gesellschaftliche Akteure in Leverkusen kennengelernt hat und sich mit ihnen vernetzt. Außerdem sei sie überzeugt, dass sich auf diese Weise das Angebot in der Bevölkerung schneller herumspricht. Dennoch suchen die Veranstalter nach einer permanenten Unterkunft, damit gemeinsames Material und Werkzeug angeschafft werden können und der Verein einen festen Standort hat. Die Stadtteilarbeit wollen sie aber beibehalten, erklärt Daniels. Das NaturGut Ophoven wird die Arbeit der Reparaturwertstatt weiterhin beratend begleiten und bei der Öffentlichkeitsarbeit unterstützen. Erklärtes Ziel des Umweltbildungszentrums ist es, Wissen im Bereich der Bildung für nachhaltige Entwicklung weiterzugeben. Deshalb ist es sehr daran interessiert, jungen Initiativen Türen zu öffnen und sie an seinen langjährigen Erfahrungen teilhaben zu lassen. Die Vernetzung birgt zudem die Gelegenheit, bildungsferneren Schichten Anregungen zu einem nachhaltigen Lebenskonzept zu geben.

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