Kunst - Zeit für eine neue Partnerschaft

Entwickelt sich in der Umweltbildung eine Kultur der Nachhaltigkeit? Dieser Frage ging die diesjährige ANU-Bundestagung nach, zur praktischen Sondierung dienten ganztägige Werkstätten. Entstanden ist ein buntes und anregendes Kulturprogramm, das vom zweistimmigen Minnegesang bis zur Installation aus Elektronikschrott reichte.

Brauchen wir tatsächlich Kunst, um Umweltbildung zu bewegen? Ja, meinte Andreas Pallenberg vom Wissenschaftsladen Bonn. Mit Hilfe zahlreicher Beispiele aus dem Bereich der bildenden wie darstellenden Kunst illustrierte er, dass Kunst als Medium nicht nur festgefahrene Formen von Entwicklung hinterfragen, sondern auch Perspektiven aus anderen Kulturen vermitteln und Bilder von Zukunft entstehen lassen kann. Die musisch-kreative Bearbeitung von Umweltthemen ermöglicht andere Zugänge für Kinder und Jugendliche und eröffnet ihnen neue Wege des Ausdrucks. Plakative Kunst im Agit-Prop-Stil, wie sie in den 70er-Jahren üblich war, erscheint Pallenberg fragwürdig. Um den Fallstricken dieser "gut gemeinten Ökokunst" zu entgehen, empfiehlt er eine Zusammenarbeit mit professionellen KünstlerInnen. Partnerschaften von Umweltbildung und Kunst seien eine durchaus produktive Perspektive, so Pallenberg.

Nachhaltigkeit sinnlich erfahren

Es stellt sich die Frage, ob Umwelttheater, Landart oder Natur- und Umweltkunst als kultureller Input hinreichend sind für eine Umweltbildung, die sich auf dem Weg hin zur Bildung für eine nachhaltige Entwicklung befindet. Um Nachhaltigkeit in unsere Kultur zu integrieren fehlt ein entsprechendes gesellschaftliches Bild. Die Kulturwissenschaftlerin Hildegard Kurt aus Berlin beklagte in ihrem Vortrag das kulturelle Defizit der Nachhaltigkeitsdebatte. Sie versteht Kunst als Wissensform, als Medium des Erkundens, des Erkennens und des Veränderns der Welt. Eine Ästhetik der Nachhaltigkeit suche sowohl nach den "Formen des Weniger" als auch nach "Formen einer naturverträglichen Opulenz", brauche aber auch eine "Ästhetik der Teilhabe". Als gelungenes Beispiel nannte Hildegard Kurt das FINIS Projekt "Farbfelder" von Frank Schumann und Bernd Schindler. Es berücksichtige ganz bewusst soziale, ökonomische und ökologische Aspekte. Zusammen mit arbeitslosen LandwirtInnen wurden im Rahmen einer Qualifizierungsmaßnahme Stilllegungsflächen mit bodenregenerierenden farbigen Pflanzen angepflanzt. Ein sinnliches Bild von Nachhaltigkeit soll dadurch erfahrbar werden.

Viele Ansätze sind möglich

In den ganztägigen Workshops wurden vielfältige Zugänge zur Kunst sichtbar. Die Theater- und die Musikwerkstatt zeigten durch ihre mitreißende Kreativität, wie gut diese Methoden für die Arbeit mit Kindern und Jugendlichen geeignet sind. Im Workshop "Kunst in der Schwebe" wurden Landart, Aktionskunst und Erlebnispädagogik kreativ miteinander verknüpft. Die Werkstatt "Digitale Kunst" und die Präsentation des Internetprojekts "Flash Nature" durch Steffi Kreuzinger von Mobilspiel München demonstrierten Einsatzmöglichkeiten elektronischer Medien in Umweltbildung und Globalem Lernen. Wie man die ökologischen Kosten eines "Digital Lifestyle" thematisieren kann, zeigten die Werkstatt "Kunst und Elektronikschrott" und der Vortrag von Werner Neumann vom Energiereferat der Stadt Frankfurt. Die kreative Kombination des Weggeworfenen mit natürlichen Materialien bietet vielfältige Möglichkeiten, das Spannungsfeld zwischen Natur und Kultur aufzuzeigen. Die Werkstatt "Klang, Geräusch, Lärm" schließlich belegte, dass das Thema Lärmminderung mit künstlerischen Methoden eindrucksvoll umgesetzt werden kann.
Die Teilnehmenden der Tagung haben viele Anregungen für ihre zukünftige Arbeit und neue Kontakte mitgenommen, aber auch offene Fragen, über die es sich lohnt nachzudenken. Die Tagungsdokumentation mit Links zu den einzelnen Themen und Referenten kann im Internet abgerufen werden.

<i>Michael Schlecht, ANU Hessen</i>

www.umweltbildung.de, www.anu-hessen.de