Große und kleine Städte machen es vor

Einige Kommunen und Städte haben bereits weitreichende Projekte im Bereich BNE und Klimaschutz gestartet. Nicht nur große Städte wie Hamburg und München, auch die Initiativen kleiner Gemeinden können Modellcharakter haben.

Neumarkt: Kommune der UN-Dekade

Knapp 40.000 Einwohner zählt die Kreisstadt Neumarkt in der Oberpfalz am Westrand der Fränkischen Alb. In der historischen Altstadt gibt es malerische Kirchen, eine Burgruine, Logistikunternehmen, einen großen Holzverarbeitungsbetrieb, einen Pharma- und Büromaterialienhersteller – Neumarkt präsentiert sich ansprechend und solide. Aber was macht diese Stadt zu einer kontinuierlichen Hochburg im Engagement für Bildung für nachhaltige Entwicklung?

Bereits seit 2002 gibt es in der Stadt ein eigenes Referat „Agenda-21-Beauftragte/Klimaschutz“, deren Leiterin Nachhaltigkeit und BNE auch im Stadtrat vertritt. Ralf Mützel, der Leiter des Bürgerhauses, ist zugleich verantwortlich für das Büro „Soziale Stadt“ und die Lokale Agenda 21. Bürgermeisterin Ruth Dorner meint: „Uns als politisch Verantwortlichen kommt heute die Aufgabe zu, Entscheidungen zu treffen unter Berücksichtigung der Interessen der nachfolgenden Generationen. Und diese Entscheidungen müssen wir den Bürgern, die uns wählen, erklären.“

Deshalb kann es eine nachhaltige Entwicklung nur geben, wenn das Bewusstsein der Bürgerinnen und Bürger durch entsprechende Bildungsangebote geschult wird. Da die Kommune sehr nah an den Jugendlichen, Familien und auch Senioren ist, kommt ihr eine besondere Aufgabe zu, in Kooperation mit allen anderen Bildungsstätten einer Stadt. Man könnte das Bürgerhaus der Stadt Neumarkt als kommunales Bildungsbüro bezeichnen, in dem alle Akteure (Schulen, Volkshochschulen, Kirchen, Vereine und Organisationen) in einem starken Netzwerk für eine Bildung für eine nachhaltige Entwicklung zusammenarbeiten und entsprechende Projekte für die Bürger und zusammen mit ihnen auf den Weg bringen.

Bereits zum dritten Mal in Folge wurde die Stadt Neumarkt in der Oberpfalz von der Deutschen Unesco-Kommission 2010 als Stadt der UN-Dekade ausgezeichnet. Im Jahr 2009 wurde Neumarkt zudem zur ersten Fairtrade-Stadt Bayerns ernannt und im April 2011 erhielt die Stadt außerdem das Siegel „Nachhaltige Bürgerkommune“ des Bayerischen Umweltministeriums. Im vergangenen Mai wurde das Förderprogramm „Nachhaltigkeit neu lernen – Impulse durch Mikroprojekte“ beschlossen. Mit dem Programm möchte die Stadt Neumarkt erreichen, dass sich Akteure wie Organisationen, Vereine, Initiativen, Unternehmen und Arbeitsgruppen mit eigenen Projekten an der Umsetzung des Stadtleitbildes im Sinne einer nachhaltigen Entwicklung in Neumarkt beteiligen. Das beantragte Projekt muss in jedem Fall einen eindeutigen Nachhaltigkeitsaspekt sowie einen Bildungsaspekt im Sinne der Bildung für nachhaltige Entwicklung vorweisen können.

Besonderen Modellcharakter hat die Neumarkter Nachhaltigkeitskonferenz. Die Organisation liegt bei einem Team aus städtischen Mitarbeitern und Mitarbeitern der Ökobrauerei Neumarkter Lammsbräu – sozusagen ein Public-Private-Partnership-Modell. Zu dem Angebot an Workshops und Vorträgen kam in diesem Jahr noch ein breites Rahmenprogramm hinzu: „Konsum neu denken: Auswege aus der Ernährungsdiktatur“ – unter diesem Motto gab es einen „Markt der Nachhaltigkeit“, eine Kinder- und Jugendakademie und eine Aktionswoche mit den Neumarkter Geschäften zum nachhaltigen Konsum. [lh]

www.neumarkter-nachhaltigkeitskonferenz.de
www.eineweltladen.com
www.neumarkt.de

Hamburg lernt Nachhaltigkeit: Europäische Umwelthauptstadt 2011

Dieses Jahr steht Hamburg ganz im Zeichen der europäischen Umwelthauptstadt 2011 – dabei mischt auch die Bildung in der Hansestadt kräftig mit!

Als grüne Hauptstadt punktet Hamburg im Umweltbereich mit der konsequenten Umsetzung konkreter Projekte. So wurde im Klimaschutz bereits über eine Million Tonnen CO2 eingespart und der ehemalige Müllberg Georgswerder zum erlebbaren Energieberg umgebaut. Hamburg ist Modellregion für E-Mobilität und hat gerade eine Recycling-Offensive für alle Haushalte gestartet. Die Hansestadt ist seit diesem Jahr außerdem sogenannte Fairtrade-Stadt. Bereits deutlich erkennbar sind die weit vorangetriebenen Projekte Internationale Gartenschau und Internationale Baustellung, die im Jahr 2013 gentechnikfreies Grün, zukunftsweisende Technik und Nachhaltigkeit zum Anfassen bieten sollen.

 Als europäische Umwelthauptstadt bietet Hamburg dieses Jahr rund 2.500 Veranstaltungen zu Umwelt und Nachhaltigkeit an. Die Themen reichen vom Internationalen Umweltrechtstag über die Messe für nachhaltige Produkte „Good Goods“ und einen Jugendumweltgipfel bis zu sieben Umwelthauptstadt-Dialogen. Dabei tauschen sich Bürger und Experten mit dem Bürgermeister über ihre Stadt der Zukunft aus. Alle Menschen können und sollen mitmachen. Daher sind für Hamburg das Einbeziehen von Bildung in die Aktivitäten sowie die Sensibilisierung der Menschen für Nachhaltigkeitsthemen besonders wichtig. So wird zum Beispiel das Engagement im Klimaschutz durch eine Vielzahl pädagogischer Aktivitäten unterstützt. Sie reichen von einer „Klimawoche mit langer Klimanacht“ in der Europapassage – einem zentral gelegenen Shopping-Mekka – über den „Klimathlon“-Wettbewerb („Sei ein Klimaathlet“) und das „Klimasiegel“ für besonders aktive Schulen bis zum ANU-Projekt „Klimaschutz in der außerschulischen Umweltbildung“.

Derzeit fährt ein Schauzug mit acht Containern, der „Train of Ideas“, durch Europa. Er transportiert eine sehenswerte Ausstellung der guten Beispiele zu Umwelt und globaler Verantwortung aus der Umwelthauptstadt und wird Ende September wieder in Hamburg zu sehen sein. Wer Hamburg zu Fuß erkunden will, kann auf rund 80 speziellen Umwelttouren unter fachkundiger Leitung erleben, was Handwerksbetriebe, Großunternehmen oder Umweltverbände zum Natur- und Umweltschutz beitragen.

Wichtige Impulse gibt die Initiative „Hamburg lernt Nachhaltigkeit“, die vom Hamburger Senat im Jahr 2005 gestartet wurde. Sie koordiniert die Aktivitäten zur UN-Dekade BNE und wird von einer Projektgruppe gesteuert, in der alle Behörden mitarbeiten, die mit Bildung befasst sind – vom Kindergarten über Schule, Berufsbildung, Weiterbildung und Hochschule bis zum Informellen Lernen. Jährlich wird ein Aktionsplan überarbeitet und veröffentlicht und ein Runder Tisch mit allen Akteuren organisiert. Außerdem gibt es monatliche Fachgespräche zu wichtigen Themen der Nachhaltigkeit und einen vierteljährlichen Rundbrief. Bundesweit einmalig sind die ausführlichen Berichte an den Senat, die über die Integration von BNE in die einzelnen Bildungssektoren berichten. Kein Wunder also, wenn Hamburg für sein Engagement im Bereich BNE bereits mehrfach als „Stadt der UN-Dekade“ ausgezeichnet wurde. [jfs]

www.umwelthauptstadt.hamburg.de
www.hamburg.de/nachhaltigkeitlernen

BenE München e.V. - Eine Stadt. Eine Welt. Eine Zukunft

Charles Hopkins, Professor an der United Nations University (UNU), regte bei einem Besuch in München 2006 an, dass sich Stadt, Hochschulen, Wirtschaft und Bildungsträger zu einem Regionalen Zentrum der Bildung für nachhaltige Entwicklung (RCE) der UNU zusammenschließen sollten. Daraufhin gründeten 35 Unternehmen, Institutionen, die Stadt München und auch Einzelpersonen im Jahr 2007 den Verein „Bildung für eine nachhaltige Entwicklung München“ (BenE München). Mit BenE wurde im Rahmen der internationalen Aktivitäten der UN-Dekade BNE ein großes lokales Netzwerk geknüpft, das Bildungsaktivitäten von Wirtschaft, Stadtverwaltung, Institutionen und Initiativen aus den verschiedensten gesellschaftlichen Bereichen bündelt.

Nach einem anspruchsvollen Aufnahmeverfahren wurde das Bündnis offiziell als Regional Centre of Expertise (RCE) der UN-Dekade Bildung für nachhaltige Entwicklung ausgezeichnet. BenE ist damit eines von weltweit 85 regionalen Kompetenzzentren für BNE. Besonders bemerkenswert an dem Münchner Bündnis ist die außergewöhnliche Integration unterschiedlicher gesellschaftlicher Gruppen. 

Durch die Verknüpfung von Bildungsanbietern und Know-how-Trägern werden vorhandene Bildungsangebote kommuniziert, optimiert und weiterentwickelt sowie neue übergreifende Kooperationen initiiert. Um in möglichst vielen Fachbereichen wirken zu können, arbeiten Akteure aus insgesamt elf Bereichen und Netzwerken zusammen: Landeshauptstadt München, Kindertageseinrichtungen und Schulen, außerschulische Kinder- und Jugendbildung, Nachhaltigkeitsinitiativen, Wirtschaft, Umweltbildung, Erwachsenenbildung, Medien, Hochschulen und Wissenschaft, Eine-Welt-Bildung, Kunst und Kultur.

Geleitet wird BenE München durch einen hauptamtlichen Geschäftsführer und den Managementkreis. Dieser besteht aus einem ehrenamtlich tätigen geschäftsführenden und einem erweiterten Vorstand aus Personen der elf Fachbereiche und Netzwerke. Regelmäßige Treffen des Managementkreises, Netzwerk- und Arbeitsgruppentreffen und ein gemeinsamer Internetauftritt schaffen eine breite Plattform für die Vernetzung. Aktuelle Münchner Brennpunkte betrachtet BenE München unter dem Aspekt, inwiefern speziell BNE zu Lösungen beitragen kann. Quellen hierfür sind das Wissen der beteiligten Akteure, aber auch die Erkenntnisse aus dem Stadtentwicklungskonzept „Perspektive München“. Dabei arbeiten die Akteure der verschiedenen Bereiche in Arbeitsgruppen interdisziplinär zusammen. Ein Beispiel ist GenE München, ein innovatives Bildungsprojekt von BenE München. GenE steht für „Gestaltungskompetenzen für eine nachhaltige Entwicklung“ und qualifiziert TrainerInnen und pädagogische Fachleute zu MultiplikatorInnen für nachhaltigkeitsbezogenes Erfahrungslernen in Wirtschaft, Stadtverwaltung und anderen Bildungsbereichen. Durch Publikationen, öffentliche Veranstaltungen und die Präsentation innovativer Projekte trägt BenE München einen auf Nachhaltigkeitsaspekte ausgelegten Bildungsansatz in Schulen, Universitäten und Betriebe. [lh]

www.bene-muenchen.de