Wissenschaftsläden in Deutschland - Mittler zwischen Forschung, Bürger und Gesellschaft

Wissenschaftsläden existieren heute in ca. 20 deutschen und österreichischen Städten. Sie verstehen sich weder als reine Beratungsinstitutionen für Verbraucher noch als wissenschaftliche Institute, sondern als Einrichtungen des Wissenschaftstransfers. Die Wissenschaft gehört zu den wichtigsten menschlichen Leistungen überhaupt. Dennoch schafft sie zugleich auch Probleme, die dann auf dem mühsamen Weg über demokratische Entscheidungsprozesse gemildert oder gelöst werden müssen.

Ein Beispiel hierfür sind die Chlorchemie und das gesetzlich erzwungene Verbot einiger Pestizide. Es gehört zu den demokratischen Grundprinzipien der Wissenschaftsläden, Normalbürger und interessierte Teilgruppen der Gesellschaft über die Chancen und Risiken wissenschaftlicher Erkenntnisse aufzuklären. Dabei verfolgen die Wissenschaftsläden keine ökonomischen Interessen, sondern arbeiten gemeinnützig. Gerade die, die sich keine teuren Studien leisten können, sollen am Erkenntnisprozeß teilhaben können und in die Lage versetzt werden, ihre Probleme selbst in die Hand zu nehmen. Ein weiteres Prinzip von Wissenschaftsläden besteht darin, das wissenschaftliche Potential für bürgernahe Ziele aufzuschließen und Beratungsmöglichkeiten zu vermitteln. Für diese Aufgabe erhalten die Läden zumeist finanzielle Zuwendungen von der öffentlichen Hand, jedoch keine institutionelle Förderung. Bereits im Juli 1980 gründete sich die Arbeitsgemeinschaft der Wissenschaftsläden (AWILA), die sich im Mai 1991 schließlich als Verein etablierte. Die Arbeitsfelder der verschiedenen Wissenschaftsläden sind zumeist stark ökologisch ausgerichtet, insgesamt aber dennoch sehr heterogen. Ein Beispiel: 1984 wurde der Wissenschaftsladen in Bonn von Studierenden und wissenschaftlichen Mitarbeitern der Uni Bonn gegründet. Die Kooperation mit anderen, ökologisch orientierten Organisationen, z.B. dem Ökobildungswerk und der Uni wurde von Anfang an groß geschrieben und brachte bis dato versprengt arbeitende Gruppen an einen Tisch. Neben Seminaren zu heißen Themen wie Formaldehyd oder umweltfreundliches Waschen und Putzen wurden ab 1989 auch Fortbildungslehrgänge zur "Fachkraft für Umweltschutz" angeboten.

Mit nur 200 Büchern startete im selben Jahr die Umweltbibliothek, die inzwischen mit fast allen relevanten Standardwerken zu Öko-Fragen bestückt ist und fast 50 Umweltzeitschriften im Abonnement hält. Die kostenlose Bibliothek wird vor allem von Studierenden, Lehrern und Examenskandidaten genutzt. Inzwischen wurden auch eigene Publikationen veröffentlicht, z.B. das Buch "Mensch, Umwelt und Philosophie" und ein Wegweiser durch die Umweltbibliotheken der Bundesrepublik. Neuere Themen sind vor allem Naturtextilien (hier entstand aus einer Veranstaltung heraus der Einkaufsleitfaden "Kann denn Mode "öko" sein?", der rund 50 Textilhersteller unter die Lupe nimmt) und Elektro-Smog (dessen Meß- und Beratungsstelle über die gesundheitlichen Gefahren aufklärt und der Nachfrage kaum nachkommen kann). Der Wila Bonn hat sich von einer studentisch geprägten Initiative zu einem selbstverwalteten, professionell und kostendeckend arbeitenden Verein mit fast 20 ständigen Mitarbeitern gemausert. Das Aufgabenfeld wurde inzwischen stark ausgeweitet. So gibt der Verein inzwischen neben dem AWILA-Rundbrief, der über die Arbeit der Wissenschaftläden berichtet, auch zwei Informationsdienste heraus: "Arbeitsmarkt Umweltschutz" und "Arbeitsmarkt Bildung und Kultur", die Arbeitssuchenden wöchentlich eine Auswertung und Analyse der Stellenangebote in der Tages- und Fachpresse der Bundesrepublik bieten. Darüberhinaus veranstaltet er alle 2 Jahre ein bundesweites Umwelttheater-Festival und will auch an globalen Themen mitwirken, z.B. ein von der EU gefördertes Modellprojekt "Bürgerbeteiligung und Mobilisierungskampagne im lokalen Klimaschutz" durchführen. (Text auszugsweise aus: WILAinform 17/Dez. 1996)

Kontakt: Wila Bonn, Buschstr. 85, 53113 Bonn, Tel: 0228/20161-0 (Umweltpädagogik: Margret Bauer Tel: -26)