Das Kleingedruckte der Berufsplanung

Selbstständigkeit im Bereich Umweltbildung und Bildung für nachhaltige Entwicklung ist für viele ein Traumziel. Doch Leidenschaft und fachliche Kompetenz alleine reichen nicht aus, um von dem Traum auch dauerhaft leben zu können. Ein Überblick über das Kleingedruckte der Berufsplanung.

Wer Umweltbildung zum Beruf machen möchte, befasst sich (nach den ersten Freudensprüngen) häufig zunächst mit juristischen Fragen der Rechtsformen, der Finanzierung sowie mit Versicherungen. Für rechtliche und formelle Fragen gibt es Experten, deren Rat Sie in der Vorbereitungsphase Ihrer Existenzgründung einholen sollten. Dazu gehören im ersten Schritt kostengünstige Beratungsangebote, etwa durch die Aktivsenioren oder die Industrie- und Handelskammer (IHK). Gespräche mit bereits erfahrenen AkteurInnen in der Umweltbildung verschaffen Ihnen Informationen aus erster Hand.
Allerdings: Als Selbstständige oder Gewerbetreibender werden Sie für jede Entscheidung, die Sie treffen, allein verantwortlich sein – nichts für notorische Team-Player! Natürlich können Sie andere um Rat fragen, aber am Ende werden Sie – und zwar NUR Sie – die Verantwortung tragen. Dafür gewinnen Sie ein Maximum an Gestaltungsfreiheit, was Ihr Programm, Ihre konzeptionelle Ausrichtung und Ihre Arbeitszeiten angeht. Sie werden unabhängig sein von politischen Entscheidungen über förderwürdige Inhalte und können Ihre ganze Energie in Entwicklung und Qualität Ihrer Angebote investieren.


Wo liegen Ihre Stärken?
Ob Sie jedoch persönlich geeignet sind, ist eine viel schwieriger zu beantwortende Frage, mit der Sie sich sehr ehrlich und intensiv befassen sollten. Ich rate davon ab, die Fragebögen, die im Internet als Persönlichkeitstest für Unternehmer kursieren, zu verwenden. Stattdessen empfehle ich das (aufrichtige!) Gespräch mit Freunden, Verwandten und Bekannten über Ihre Stärken. Wie sind Sie in der Vergangenheit mit Durststrecken umgegangen? Wie lösen Sie Konflikte? Wie steht es um Ihr Zeitmanagement? Wo können Sie Kraft schöpfen, wenn es mal nicht rund läuft? Können Sie auf fremde Menschen zugehen, um für Ihre Sache zu werben? Hilfreich kann hier eine Stärkenanalyse mit einer Psychologin oder einem Psychologen sein. Bedenken Sie außerdem, dass Sie als Selbstständiger auch Verwaltungsaufgaben übernehmen müssen. Wie fit sind Sie mit den gängigen Computerprogrammen? Können Sie in kurzer Zeit Tabellenkalkulationen, Serienbriefe oder Vorlagen für Rechnungen erstellen? Nein? Dann schnell einen Blick in das Programm der Volkshochschule werfen. Je fitter Sie in diesen Bereichen sind, umso weniger Zeit müssen Sie später am Schreibtisch verbringen.


Nachhaltige Finanzierung
Im Rahmen meiner Gastdozententätigkeit am Gründungszentrum der Hochschule für nachhaltige Entwicklung Eberswalde haben Studierende mir immer wieder gesagt: „Ich will ja nicht reich werden! Ich will eine Tätigkeit, die mich erfüllt!“ Aber dennoch: Bleiben Sie bei allem Idealismus realistisch, was Ihre Finanzen angeht. Als UnternehmerIn werden Sie jeden Monat allein für Krankenversicherung und Altersvorsorge 700 – 800 Euro aufbringen müssen. Dann ist noch keine Miete bezahlt, die Gebühren für den Kindergarten sind noch nicht beglichen und gegessen haben Sie auch noch nichts. Als sehr hilfreich hat sich in diesem Zusammenhang die Erstellung eines Businessplans erwiesen. Vorlagen hierfür finden Sie zum Beispiel auf der Internetseite der IHK. Im Businessplan müssen Sie nicht nur Ihre Geschäftsidee ausführlich darlegen und die Wettbewerbssituation analysieren, sondern auch eine Rentabilitätsvorschau erstellen. Sie legen dar, wie viel Geld Sie im ersten Jahr benötigen werden und wie hoch die Einnahmen vermutlich sein werden. Der Businessplan bietet auch die Grundlage für das Gespräch mit der Bank, falls Sie einen Kredit beantragen möchten. Die Arbeit, die Sie in die Erstellung eines Businessplans investieren, lohnt sich aber unabhängig von einem Kredit.
In den Aktionsplänen der Bundesländer zur Bildung für nachhaltige Entwicklung wird übrigens ausdrücklich gefordert, dass Angebote für diesen Bereich unabhängig von staatlichen Förderungen werden sollen.


Kombinierte Angebote führen zum Erfolg
In manchen Regionen werden Sie es als UnternehmerIn sehr schwer haben, wenn Sie mit Ihren Umweltbildungsangeboten nur eine einzige Zielgruppe, zum Beispiel Kinder, ansprechen möchten. Eine genaue Analyse der Anbieter vor Ort ist unbedingt notwendig. Der Konkurrenzdruck durch alteingesessene Vereine und staatlich bezuschusste Einrichtungen ist in manchen Gegenden unglaublich hoch. Das bedeutet aber nicht, dass es keinen zusätzlichen Bedarf an hochwertigen Angeboten gibt! Wenn Sie sich erfolgreiche Unternehmen in der Umweltbildung anschauen, werden Sie feststellen, dass das Geheimnis häufig in einem breit gefächerten Angebot für verschiedene Zielgruppen liegt. Sie möchten mit Kindern naturkundliche Führungen machen? Dann nutzen Sie Ihre diesbezüglichen Kompetenzen auch für Vorträge vor Fachkräften, um Ihr Angebot zu verbreitern. Sie möchten Sozialtrainingskurse mit Jugendlichen im Wald durchführen? Dann könnten Sie auch Einzelcoaching für Erwachsene oder Inhouse-Schulungen für ErzieherInnen anbieten. Versuchen Sie eine ausgewogene Mischung zu finden, damit Ihre Arbeitszeit in einem guten Verhältnis zu Ihren Einnahmen steht. Denn die Burn-out-Gefahr ist im Umweltbildungsbereich ebenso wie im sozialen Bereich extrem hoch.
Und vor allem: Lassen Sie sich nicht entmutigen! Rechnen Sie damit, dass die ersten zwei Jahre nach der Existenzgründung schwierig werden. Sie werden wahrscheinlich häufig den Eindruck haben, dass Sie sich abstrampeln und es niemand zu bemerken scheint. In solchen Momenten hilft: raus in die Natur und sich wieder auf Ihre Grundmotivation besinnen.


Meike Krebs-Fehrmann (M.A.)
Die Autorin ist Geschäftsführerin von CreNatur – Weiterbildungsinstitut für Naturerlebnis-Pädagogik

www.crenatur.de