Mitbestimmung in der Umweltbildung

Kinder und Jugendliche haben ein Recht auf Beteiligung. Auch bei der Planung und Umsetzung von Projekten der Bildung für nachhaltige Entwicklung (BNE) sollen sie sich einbringen können und gehört werden. Das Unabhängige Institut für Umweltfragen e.V. (UfU) hat im Auftrag des Umweltbundesamtes (UBA) untersucht, was sich Kinder und Jugendliche in der BNE wünschen.

Im Vorhaben ging es zum einen darum, Kinder und Jugendliche in die methodische und thematische Konzeption von Projekten einzubeziehen und zu ergründen, welche Umweltthemen sie bewegen. Dafür wurden in 2017 und 2018 neun Beteiligungsworkshops an Kindertagesstätten, Grundschulen, Sekundarschulen, Gymnasien und berufsbildenden Einrichtungen durchgeführt. Methodisch kamen Formate wie das „Philosophieren mit Kindern“ im vorschulischen Bereich, die „Zukunftswerkstatt“ und die „Design Thinking“-Methode im Grundschulbereich sowie in den weiterführenden Schulen zum Einsatz.

Zum anderen beschäftigte sich das Projekt mit der Frage, ob und wie eine zielgruppengerechte Wirkungserfassung von Bildungsprojekten im schulischen wie außerschulischen Kontext umgesetzt werden kann (siehe Blickpunkt, S. 30).

In den Workshops zeigte sich ein unterschiedliches Interesse an Umweltthemen zwischen Kindern und Jugendlichen. Während Kinder im Alter von etwa 10 bis 12 Jahren bereits zu Beginn der Workshops eher neugierig auf Umweltthemen waren und diese in Form eines Abenteuers erleben wollten, war bei den Jugendlichen von 13 bis etwa 18 Jahren ein eher distanziertes Verhältnis zu diesen Themen zu beobachten.

Die beteiligten Kinder in den Kindertagesstätten (3 bis 6 Jahre) wünschten sich konkrete Experimente zu den Themen Natur und Umwelt. Ihr Verständnis von Umwelt steht dabei in enger Beziehung zu ihrer räumlichen Umgebung. Zum Umweltverständnis gehören bei ihnen auch das eigene Zuhause und die Schule.

Die Schülerinnen und Schüler (SuS) der 3. und 4. Klassen (6 bis 11 Jahre) benannten unter dem Oberbegriff Umwelt ebenfalls soziale Themen wie Familie, Wohnung, Hobbys, Kleidung, Arbeiten und Zukunft. Im Kontext der Naturbildung wünschten sie sich Themen wie Wald, Regenwald, Bäume, Pflanzen, Tiere und Gewässer. Die Themenfelder Wasser und Energie möchten die beteiligten Kinder dieser Altersgruppe gerne aus praktischer Nutzerperspektive behandeln.

Methodisch wünschte sich diese Altersgruppe in den Beteiligungsworkshops eine Arbeit in Frei- und Spielräumen der Natur. Wissen möchten sich die Kinder durch Experimente, eigenes Ausprobieren und den Einsatz der eigenen Sinnesorgane (zum Beispiel durch das Ernten von Gemüse und die Zubereitung von selbst angebauten Lebensmitteln) aneignen. Zudem gab es einen großen Wunsch nach bewegungsorientiertem Lernen. Sehr wichtig war den Kindern dieser Altersgruppe das Arbeiten in einer Gemeinschaft mit Gleichgesinnten sowie die Erfahrung der „Selbstwirksamkeit“, zum Beispiel im Rahmen von Müllsammelaktionen in Waldgebieten oder Gewässern.     

SuS der Sekundarstufe I (12–14 Jahre) unterschieden in den Workshops in ihrer emotionalen Wahrnehmung ebenfalls zwischen Umwelt und Natur. Während Natur meist positiv besetzt wurde und teilweise synonym für Idylle, Ruhe und Reinheit stand, wurde mit Umwelt meist Umweltzerstörung und mit Nachhaltigkeit im besten Falle Langfristigkeit verbunden. In den Kreativphasen entstanden Prototypen für eine energieautarke Stadt, ein Umweltmaskottchen für eine Schule und regenerativ angetriebene Verkehrsmittel. Methodisch gab es den Wunsch nach kreativen künstlerischen Arbeiten (zum Beispiel Mülleimer kreativ gestalten), gemeinsamem Debattieren, praktischen Arbeiten und der Gestaltung eigener Ausstellungen oder Kampagnen.

SuS der Sekundarstufe II (14 bis 18 Jahre) thematisierten in den Workshops zunehmend Machtfragen im Kontext des Umweltschutzes (zum Beispiel in der konventionellen Landwirtschaft, Energiewirtschaft und Automobilindustrie). Inhaltlich wünschten sie sich konkrete und handlungsorientierte Umweltbildungs- beziehungsweise BNE-Angebote und eine Verknüpfung von theoretischem Wissen mit praktischen Handlungen.    

Aus diesen empirischen Erkenntnissen wurden Empfehlungen für Angebote entwickelt. So ist es wichtig, positive Verbindungen zu Umweltthemen durch Lösungsorientierungen und zeitnahe Selbstwirksamkeitserfahrungen zu schaffen. Dies beinhaltet, dass Schulen im Klimaschutz selbst aktiv werden und etwa CO2-neutrale Klassenfahrten, klimaschonende Ernährung in Schulkantinen und Energiesparprojekte umsetzen. Umweltpolitisch unvorteilhafte Macht- und Akteursstrukturen dürfen nicht ausgeblendet werden, andererseits sollte die Wirksamkeit individueller Verhaltensänderungen thematisiert werden. Wichtig ist zudem das Umsetzen von „Gemeinsamkeits- und Selbstwirksamkeitserfahrungen“, um dem Gefühl des „Alleine kann ich ja ohnehin nichts bewirken“ etwas entgegenzusetzen. 

Dr. Dino Laufer und Ulrike Koch, Unabhängiges Institut für Umweltfragen e.V.,
E-Mail: dino.lauferufude, ulrike.kochufude,
www.ufu.de