Die Qualitäten des Draußenlernen

Die Qualitäten des Draußenlernens

Welche besonderen Qualitäten bietet das Draußenlernen? Können durch Draußenlernen Werte für nachhaltiges Handeln gestärkt werden? Welche guten Beispiele sollten europaweit verbreitet werden? Diese Fragen wurden auf internationalen und nationalen Treffen in Slowenien und Deutschland diskutiert.

Real World Learning, im Deutschen annähernd mit Draußenlernen übersetzt, steht für das Lernen am Original, außerhalb des Klassenraumes. Dabei können auch Arbeits- und Kulturstätten attraktive Lernorte für Umweltbildung und BNE sein. Das europäische Real World Learning Network möchte erfolgreiche Methoden und beispielhafte Projekte des Draußenlernens untersuchen und anderen zugänglich machen. Wie in den ökopädNEWS von Juni 2013 (s. umwelt aktuell 06.2013, S. 33–36) berichtet, ist die ANU die deutsche Partnerin im EU-Projekt mit Partnern aus Tschechien, Ungarn, Slowenien, Italien und Großbritannien. Das Netzwerk steht allen interessierten Bildungsakteuren, LehrerInnen und außerschulischen Bildungsanbietern in Europa offen.

Im Januar fand ein Treffen der deutschen Real World Learning Netzwerkpartner mit rund 30 der Akteure statt. Sie erprobten verschiedene Methoden des Draußenlernens und diskutierten über die besonderen Qualitäten, die diese Lernkonzepte auszeichnen.

Beispielhaftes draußenlernen

Die deutschen Projekte und Methoden werden im europäischen Netzwerk vorgestellt. Dazu gehörte beispielsweise der Verband Deutscher Naturparke, der beispielsweise für Kinder und Jugendliche Naturpark-Entdecker-Westen voll Forscheruntensilien wie Becherlupen anbietet. Ziel ist es, die Heranwachsenden für eine eigenständige Auseinandersetzung mit der sie umgebenden Natur zu gewinnen. Ohne Arbeitsauftrag geht es los. Spontane Entdeckungen können so aufgegriffen, Inhalte und Arbeitsformen frei gewählt werden. Die PädagogInnen als Lernbegleiter unterstützen die Lernenden bei ihren eigenen Entdeckungen. Beim landschaftsgestützten Lernen hingegen schlüpfen die Teilnehmenden in verschiedene Nutzerrollen innerhalb einer Landschaft. Aus dem Blickwinkel von Wandernden, StromtrassenbetreiberInnen, NaturschützerInnen oder LandwirtInnen werden die eigenen Bilder von Natur- und Kulturlandschaft reflektiert. Der Perspektivenwechsel zeigt, dass jeder Mensch eine Landschaft auf persönliche Nutzungen und Bewertungen hin wahrnimmt.Vorgestellt wurde auch die tiergestützte Pädagogik des Jugendhofs Godewin im Wendland, wo Kinder und Jugendliche im Rahmen der therapeutischen Jugendhilfe und der außerschulischen Umweltbildung Verantwortung für sich und andere zu übernehmen lernen. Erlebnisse im Umgang mit verschiedenen Nutztieren wie das Führen eines Pferdes mit Pflug werden als Weg zur inneren und äußeren Entwicklung betrachtet.

Von Norwegen nach Deutschland

Europäische Einflüsse sind in der deutschen Naturpädagogikszene schon seit Längerem sichtbar. Der Deutsche Wanderverband etwa startet derzeit das dreijährige Projekt „Schulwandern“, bei dem Grundschulklassen aus ganz Deutschland einen Schultag pro Woche draußen verbringen. Die begleitende Evaluation der Johannes- Gutenberg-Universität in Mainz wird die Lernerfolge der Schulklassen und jeweils einer Kontrollgruppe untersuchen. Vorbild für das Projekt war das Konzept der „Uteskole“ (Draußenschule) in Norwegen. Teile des Schulalltags werden dort regelmäßig in die nähere Umgebung verlegt. So entsteht Raum für Entdeckungen, Fantasie, spontane Entfaltung und Spiel, selbst gesteuertes Lernen, fachliche Auseinandersetzung und soziales Beisammensein. Die Uteskole soll dabei stark gesteuerten, regulierten und formalisierten Lehrgewohnheiten eine andere Form des Lernens zur Seite stellen. Die feste Verankerung des Draußenlernens in den Lehrplänen ist auch der schottischen Regierung ein Anliegen: Die One Planet School Arbeitsgruppe hat rund 30 Empfehlungen zur Integration des Draußenlernens in den Lehrplan erarbeitet. Die Learning for Sustainability Implementation Gruppe arbeitet derzeit im Auftrag der Regierung die konkreten Schritte für die Umsetzung aus, die in etwa eineinhalb Jahren geplant ist.

Werte für nachhaltiges Handeln

Die Diskussion, wie das Draußenlernen Werte für nachhaltiges Handeln stärken kann, ist in vollem Gange. These ist, daß besonders Werte aus den Bereichen „Blick aufs Ganze“, „Gemeinsinn“ und „Selbstbestimmung“ nachhaltiges Handeln und suffizientere Lebensstile unterstützen können. Als Grundlage für die Werte-Workshops in Slowenien und Deutschland diente das Handbuch „Die gemeinsame Sache“ des britischen Public Interest Research Centres, das sich auf Forschungen der Sozialpsychologen Shalom Schwartz und Milton Rokeach bezieht. Das Handbuch liegt dank der freundlichen Unterstützung des WWF Deutschland inzwischen als Onlinedokument auf deutsch vor.

Angelika Schichtel,
RWL-Projekt deutschland

www.umweltbildung.de

www.rwlnetwork.org

www.valuesandframes.org