Nachhaltigkeit lernen und erleben mit Fassadenbegrünung

Gebäude mit Fassadenbegrünungen sind im Sinne einer Bildung für nachhaltige Entwicklung (BNE) einzigartigere Lernorte. Durch das Pflanzen und Ernten der Fassaden­begrünung sowie den erlebbaren kühlenden Effekt der Pflanzen werden Klimaschutz und -anpassung begreifbar.

Hintergrundwissen Fassadengrün

Mit Fassadenbegrünungen wird ein aktiver Beitrag zum Klimaschutz geleistet. Neben der direkten CO2-Speicherung durch die Photosynthese der Pflanzen wird auch das Gebäude hinter der Fassade weniger aufgeheizt und so dafür gesorgt, dass keine Energie für Klimaanlagen verbraucht wer­den muss. Fassadenbegrünungen ha­ben, wie anderes städtisches Grün, einen po­sitiven Effekt auf die Temperatur und die Luftqualität in der Stadt. Gerade in Innen­städten ist der Anteil an versiegelten Flä­chen hoch. Betonbauten und Mangel an Grünflächen führen im Sommer zu schlech­ter Luftqualität und Hitzeinseln. Fassaden­begrünungen senken die Umge­bungs­tem­peratur durch Verschattung und Ver­duns­tung an den Blättern. Dadurch sind sie eine praktische Klimaanpassungs­maß­nahme, die auch an Bestands­gebäuden umgesetzt werden kann. Außerdem bieten die Pflan­zen Insekten Nahrung und Nistplätze und erhöhen so die innerstädtische Biodiversität. Fassaden­be­grünungen kön­nen boden- oder wand­gebunden sein. Wandgebundene Fassa­den­begrünungen arbeiten mit Pflanz­gefäßen oder Ähnlichem entlang der ver­tikalen Hauswand. Sie sind mit mehr Material- und Technikaufwand verbunden als bodengebundene Begrünungen, die Pflanzen verwenden, die mit oder ohne Kletterhilfe vom Boden aus die Fassade hochklettern. Pflanzen wie Efeu oder Wilder Wein benötigen keine Kletterhilfe, da sie die Fassade selbst als Klettergerüst nutzen. Das stellt allerdings einen Nachteil dar, wenn nicht erwünscht ist, dass die Pflanzen die Fassade beschädigen. Außerdem erhöht sich das Brandrisiko, wenn Pflanzen alt und holzig werden. Das ist besonders bei der Neuplanung von Fassadenbegrüngen zu berücksichtigen. Des Weiteren eignen sich Pflanzen, die an Kletterhilfen, die Fassade hochranken, wie zum Beispiel Hopfen oder Bohnen. Weitere Möglich­keiten, die sich auch sehr gut für die Arbeit mit Schüler*innen eignen, sind verschie­dene Kiwi-, Gurken- oder Kürbisarten. Fassadenbegrünungen, wie anderes Stadt­grün, speichern das Regenwasser nach dem Prinzip „Schwammstadt“. Dabei wird das Regenwasser an Ort und Stelle gespei­chert und wiederverwendet (z.B. für die Bewässerung der Pflanzen) und nicht in die Kanalisation geleitet. Das spart Energie und Wasser.

Interdisziplinäres Lernen am Beispiel von Fassadenbegrünungen

Die Integration von Fassadenbegrünungen in den Unterricht vermittelt den Lernenden anschaulich, wie Klimaanpassung und Klima­schutz gelingen können. Verschie­dene Aspekte der Nachhaltigkeit können erkundet werden, angefangen bei ökolo­gi­schen Gesichtspunkten bis hin zu sozialen und wirtschaftlichen Auswirkungen.

Praktische Umsetzung und Anschau­lich­keit
Fassadenbegrünung ist ein visuell an­spre­chendes und unmittelbares Beispiel für nachhaltige Praktiken. Schüler*innen kön­nen in die Planung zur Umgestaltung ihres Schulhofes, in den Aufbau der Fassaden­begrünungssysteme, in die Pflanzungen und Pflege mit eingebunden werden. So erleben sie die Veränderungen in ihrer unmittel­baren Umgebung. Das stärkt das Verständ­nis und die Wertschätzung für die Maßnahmen.

Umwelt-, Klima- und Biodiversitätsschutz sind interdisziplinärer Natur
Fassadenbegrünung vereint verschiedene Disziplinen wie Botanik, Physik, Chemie, Architektur, Umweltwissenschaften und Tech­nik. Dies ermöglicht es Bildungs­einrichtungen, fächerübergreifende Projekt­tage zu entwickeln und ein tieferes Ver­ständ­nis für komplexe Umwelt- und Gesell­schaftsfragen zu fördern. Fassaden­be­grünung bietet zahl­reiche Möglichkeiten zur Diskussion von Umweltauswirkungen und zur Umsetzung von Maßnahmen für Klima­schutz und -an­pas­sung. Kohlen­stoff­spei­cherung, Luft­rei­ni­gung und die Ver­rin­ge­rung der Hitze­inselbildung sind nur einige Beispiele. Die bewachsene Schulwand macht nicht nur Klimaanpassung durch den kühlenden Effekt erlebbar. In der Vertikalen wird außerdem Biomasse produziert. Wieviel Kohlenstoff wird durch die Pflanzen aufgenommen und der Atmosphäre ent­zogen? Wieviel Energie steckt in dieser Biomasse und wie kann sie praktisch ver­wertet werden? Warum fördern die Pflanzen die Artenvielfalt in der Stadt? Welche Vorteile birgt der vertikale Anbau im Kontext von Nahrungsmittelversorgung und Flä­chen­verbrauch einer wachsenden Welt­be­völkerung? Und was hat das mit meinem alltäglichen Konsumverhalten zu tun?

Städtische Herausforderungen zusammen angehen
In einer zunehmend städtischen Welt bietet die Fassadenbegrünung einen Weg, um städtische Herausforderungen wie be­grenz­ten Raum, Luftverschmutzung, die Bildung von Hitzeinseln und den Verlust von Grün­flächen anzugehen. Am Beispiel der Fassa­den­begrünung kann der städtische Nah­rungs­mittelanbau erprobt werden und der Frage nachgegangen werden, ob die Pflan­zen in der Stadt gesünder (weniger Pesti­zid­einsatz) oder ungesünder (höhere Luft­verschmutzung) sind. Die Umsetzung von Fassadenbegrünungsprojekten kann die Beteiligung der Gemeinschaft fördern, wenn nicht nur Schüler*innen und Lehrkräfte, sondern auch die Eltern- und Nachbarschaft in praktische, gemeinschaftsbasierte Akti­vitäten einbezogen werden.

Langfristige Wirkung und globales Lernen
Die Lernenden verstehen, wie kleine Maß­nahmen zur Begrünung ihres Schulhofes, wie Fassadenbegrünungen, langfristig zur Schaffung nachhaltiger und resilienter Städte beitragen und der Klima- und Biodiversitätskrise entgegen wirken können. Fassaden­begrünungen können zum Nah­rungs­­mittelanbau genutzt und ihr Grün­schnitt kann an Ort und Stelle zu fruchtbarer Erde kompostiert werden. Das Fassaden­be­grü­nungssystem benötigt Ressourcen, wie Metall und Seil. Diese müssen größtenteils global importiert werden. Diese Zusammen­hänge müssen greifbar gemacht werden, damit ein Umdenken stattfinden kann, das zu weniger Ausbeutung von Mensch und Natur auf unserem Planeten führt. Fassa­den­begrünungen bieten vielfältige Möglich­keiten, Schüler*innen für diese drängenden Themen zu sensi­bilisieren und sie zu befähigen, positive Veränderungen in ihrer Umwelt zu bewirken. Daher sind Fassaden­begrünungen ein idealer Aus­gangs­punkt, um im Unterricht oder in außerschulischen Lernkontexten mit Kopf, Herz und Hand notwendige Kompe­tenzen für eine nachhaltige Entw­icklung zu erwerben.

 

Autorinnen und Kontakt:
B.Sc. Maike Günther, Unabhängiges Institut für Umweltfragen e.V.
Studentische Mitarbeiterin
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und
Dr. Swenja Rosenwinkel, Unabhängiges Institut für Umweltfragen e.V.
Projektleiterin FaBiKli
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Weitere Informationen:
Online Tool zum Aussuchen der passenden Fassadenbegrünung:
www.hlnug.de/themen/klimawandel-und-anpassung/projekte/klimprax-stadtgruen/online-tool/alternative-begruenung-aussuchen