Rio+10 - Aktionsplan und Bildungsfrage

Vor rund zwei Monaten endete der Weltgipfel von Johannesburg. Die AkteurInnen des Bildungsbereiches haben jedoch kaum auf die Verhandlungsergebnisse reagiert. Inwiefern stand in Johannesburg die Bildung für nachhaltige Entwicklung überhaupt zur Debatte? Und welche Konsequenzen sind aus den Beschlüssen zu ziehen?

Das schriftliche Ergebnis der Weltgipfels von Johannesburg lässt sich in drei Teile gliedern. Zum einen liegt das politische Abschlussdokument vor, das von den Delegationen unterzeichnet wurde. Daneben sind die sogenannten "Type Two Outcomes" entstanden, die private oder bilaterale Vereinbarungen enthalten, sowie der sogenannte Aktionsplan, den man als eine "Agenda 21 von Johannesburg" bezeichnen könnte. Für den Bildungsbereich ist insbesondere der Aktionsplan von Bedeutung.
Der Plan enthält eine Liste konkreter Punkte, die auf eine verbesserte Lebenssituation von Frauen, Kindern und Jugendlichen in den sogenannten Entwicklungsländern abzielen. Unter anderem geht es dabei um Gesundheitsförderung, eine gesicherte Versorgung mit Trinkwasser und die Verringerung von Armut. Die reichen Nationen werden im Plan dazu aufgefordert, den Entwicklungsländern beim Aufbau nationaler Programme und entsprechender Bildungsmaßnahmen zu helfen. Zugleich sollen die entwickelten Länder ihre Hausaufgaben im Bereich nachhaltiger Konsum- und Produktionsweisen machen.
Dabei wird auf Bildungsmaßnahmen gesetzt: sie sollen helfen, das Leitbild der nachhaltigen Entwicklung verstärkt in die Öffentlichkeit zu tragen. Folglich ist das Thema "Nachhaltige Entwicklung" in alle Bildungsbereiche und -ebenen zu integrieren. Um dieses Vorhaben besser zu gewährleisten hätten die Vereinten Nationen (UN) die Möglichkeit, das Arbeitsprogramm der Kommission für Nachhaltige Entwicklung fortzuentwickeln. Es sieht eine Bildung für nachhaltige Entwicklung vor. Ab 2005 könnte zudem eine "UN-Dekade der Bildung für nachhaltige Entwicklung" eingeläutet werden.

Wie im Süden so im Norden

Jedes Land trägt selbst die Verantwortung für seine eigene nachhaltige Entwicklung. Entwicklungsländer aber brauchen finanzielle Hilfen für den Aufbau eigener Nachhaltigkeits-Programme. Um diese dann umzusetzen, sind Maßnahmen in den Bereichen Erziehung und Bildung nötig. Daneben ist es geboten, das öffentliche Bewusstsein zu fördern und Informationen für EntscheidungsträgerInnen bereitzustellen. Entwicklungsländer müssen Teil einer globalen Forschungsgemeinschaft werden. So sollen durch den Austausch von Umwelttechnologien zwischen nördlichen und südlichen Universitäten Umweltprobleme besser gelöst werden. Die Länder des Südens müssen eigene Zentren für nachhaltige Entwicklung und Netzwerke im Bildungsbereich aufbauen sowie betreiben.
Ein eigenes Kapitel des Aktionsplans widmet sich der Frage, wie sich nicht-nachhaltige Konsum- und Produktionsweisen ändern lassen. Die reichen Länder müssen hier weltweit die Vorreiterrolle einnehmen. Gefordert wird ein zehnjähriges Rahmenprogramm für regionale und nationale Initiativen. Bildungsmaßnahmen sollen zur Bewusstseinsförderung bei Jugendlichen beitragen, Fort- und Weiterbildung am Arbeitsplatz für mehr Umwelt- und Sozialverträglichkeit sorgen.

Ohne Bildung geht nichts

Der Aktionsplan sieht in der Bildung ein unverzichtbares Instrument, um nachhaltige Entwicklung umzusetzen. Dies bedeutet jedoch, das Thema "Nachhaltigkeit" in alle Lehrpläne, Ausbildungsrichtlinien, Weiterbildungskonzepte und Schulprogramme einzubringen - und das trotz des komplizierten förderalen Bildungssystems in Deutschland.
Wenn die Bildung das Leitbild der nachhaltigen Entwicklung in die Öffentlichkeit bringen soll, dann müssen die Inhalte und Ziele des Nachhaltigkeitsdiskurses aber erst einmal in den Bildungssektor gelangen. Umgekehrt ist zu gewährleisten, dass sich die AkteurInnen des Nachhaltigkeitsbereiches der Bedeutung von Bildungsmaßnahmen bewusst werden.
Doch nicht nur in der Schule, sondern gerade außerhalb des geregelten ersten Bildungsweges müssen neue Angebote geschaffen werden, damit große und kleine Mitmenschen ihren Alltag bewusster und nachhaltiger gestalten können. Gute Beispiele hierfür sind durchaus vorhanden: In den Weltläden, den Umweltzentren oder in den Ökodörfern. Sie gilt es zu fördern und auszubauen. Zugleich muss als neuer Schwerpunkt in allen Bildungseinrichtungen die internationale Zusammenarbeit ausgebaut werden. Dazu gehören Hochschul- und Schulpartnerschaften genauso wie Wissenschaftstransfer von Techniken auf dem Gebiet der regenerativen Energien, Solidaritätsaktionen mit armen oder umweltzerstörten Regionen im Süden oder Beteiligung am fairen Handel. Diese Maßnahmen bringen nicht nur neuen Schwung ins Bildungsgetriebe sondern sorgen zugleich für mehr globale Gerechtigkeit.

Parfüm und Nachhaltigkeit

Trotz dieser vielen Ziele kommen bislang die Finanzierungsalternativen zu kurz. Außerdem sind die Zuständigkeiten im Bildungsbereich weitgehend zersplittert - ob die Appelle für tiefgreifende Änderungen ausreichen, muss daher bezweifelt werden. An fehlenden Finanzmitteln jedoch sollte das Vorhaben nicht scheitern. Allein in den USA und in der Europäischen Union werden jährlich etwa 13 Milliarden US-Dollar für Parfüm ausgegeben. Wenn die Weltbevölkerung in Richtung Nachhaltigkeit umschwenken soll, wäre zum Beispiel die Erhöhung der Luxussteuer in den reichen Ländern um nur wenige Prozentpunkte ausreichend, um weltweit Hunger und Krankheit erfolgreich zu bekämpfen. Doch so weit ging die Bereitschaft der RegierungsvertreterInnen in Johannesburg dann doch nicht.

Der Aktionsplan und die Deklaration von Johannesburg unter www.umweltbildung.de (Link: News)